I. Einleitung

Nachdem der Bundestag bereits vor zwei Wochen das Jahressteuergesetz 2022 beschlossen hatte, hat heute auch der Bundesrat dem Jahressteuergesetz 2022 zugestimmt. Damit wird nunmehr auch die Besteuerung der sog. Registerfälle gesetzlich neu geregelt. Bedauerlicherweise haben sich die anfänglichen Hoffnungen, dass der Gesetzgeber die Besteuerung abschaffen könnte, nicht erfüllt. Vielmehr wird die Besteuerung der Registerfälle in Teilen fortgesetzt:

  • Zum einen sind danach Transaktionen zwischen nahestehenden Personen, also insbesondere Konzernfälle, erfasst. Allerdings sind diese nur dann steuerpflichtig, wenn nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA") und den umsetzenden Regelungen kein deutsches Besteuerungsrecht besteht.
  • Zum anderen besteht eine Registerfallbesteuerung aber auch dann fort, wenn der Vergütungsgläubiger in einem nicht-kooperativen Steuerhoheitsgebiet ansässig ist (Steueroase"). Derzeit werden 12 Staaten als Steueroasen eingestuft.
  • In allen anderen Fällen wird die Besteuerung der Registerfälle erfreulicherweise vollständig abgeschafft. Dies betrifft damit die in der Praxis besonders problematischen Fälle zwischen fremden Dritten (soweit diese nicht in einer Steueroase ansässig sind) (Drittfälle").

Soweit es bei der Besteuerung der Registerfälle verbleibt, hat der Gesetzgeber mit dieser Änderung nun die Probleme zementiert, die die Finanzverwaltung seit November 2020 mit einer eigenwilligen Interpretation der Vorschrift geschaffen hat. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Besteuerung werden aus fiskalischen Gründen ignoriert und die Betroffenen werden (weiterhin) mit einem erheblichen finanziellen und administrativen Aufwand belastet.

Dieser Client Alert ist für Mandanten relevant, die im Ausland ansässig sind und in der Vergangenheit Rechte, die in Deutschland in einem Register eingetragen sind, verkauft bzw. lizensiert haben, oder dies in der Zukunft planen.

II. Hintergrund

Unternehmen mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland unterliegen mit ihren Einkünften nur dann einer Besteuerung in Deutschland, wenn ein besonderer territorialer Bezug (Nexus") zu Deutschland besteht (beschränkte Steuerplicht").

Nach dem bisherigen Gesetzeswortlaut kann sich eine beschränkte Steuerpflicht auch aus der Veräußerung und Vermietung (Lizensierung) von Rechten ergeben, die in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind (wie z.B. Patente und Markenrechten) (Registerrechte"). In den vergangenen fast 100 Jahren hatte die Finanzverwaltung eine beschränkte Steuerpflicht allerdings nur angenommen, wenn Einnahmen aus Registerrechten im Inland generiert wurden. Dies war grundsätzlich nur der Fall, wenn der Lizenznehmer bzw. Erwerber des Registerrechts im Inland ansässig war.

Seit November 2020 vertritt die Finanzverwaltung stattdessen die Ansicht, dass allein der inländische Registereintrag für eine Besteuerung in Deutschland genügt, auch wenn sonst kein territorialer Anknüpfungspunkt, wie z.B. die Erzielung von Einkünften im Inland, besteht (sog. Registerfälle").

Damit unterliegen sowohl Lizenzzahlungen als auch Veräußerungserlöse aus solchen Rechten grundsätzlich der deutschen Besteuerung, auch wenn keine der Vertragsparteien in Deutschland ansässig ist.

Wurden Registerrechte veräußert, muss der Veräußerer eine Steuererklärung in Deutschland einreichen und den Veräußerungsgewinn versteuern. Bei Lizenzzahlungen ist der Lizenznehmer hingegen verpflichtet, einen Steuerabzug von 15,825% von der Lizenzzahlung an den Lizenzgeber vorzunehmen; der Lizenzgeber erhält insofern nur den (um den Steuerabzug gekürzten) Nettobetrag. Der Lizenznehmer haftet auf die ordnungsgemäße Vornahme des Steuerabzugs.

Ist der Veräußerer bzw. Lizenzgeber in einem Staat ansässig, mit dem Deutschland ein DBA abgeschlossen hat, wird das Besteuerungsrecht in diesen Fällen grundsätzlich stets ausgeschlossen.

Anders als dies bei der Veräußerung der Registerrechte der Fall ist, greift diese Befreiung bei der Lizensierung jedoch nicht automatisch". In diesen Fällen muss der Lizenzgeber vielmehr zunächst einen entsprechenden Antrag auf Freistellung vom Steuerabzug stellen und in diesem Zusammenhang zahlreiche Anforderungen an seine Substanz" (z.B. Mitarbeiter, Büroräumlichkeiten) sowie Tätigkeit erfüllen. Bis zur Erteilung der Freistellung ist der Lizenznehmer zum Steuerabzug (trotz des DBA) verpflichtet. Wurde der Steuerabzug vorgenommen, kann sich der Lizenzgeber diesen ggf. im Nachhinein erstatten lassen.

Vor diesem Hintergrund ist die Auffassung der Finanzverwaltung von besonderer Bedeutung, da die Besteuerung der Registerfälle auch für die Vergangenheit eingreifen soll. Mangels Kenntnis der betroffenen Unternehmen von dieser Besteuerung wurden entsprechende Freistellungen für die Vergangenheit nie beantragt. Die Nacherklärung dieser Fälle ist mit erheblichen Herausforderungen verbunden, die auch erhebliche verfassungsrechtliche Fragestellungen aufwerfen.

Die Finanzverwaltung war sich dessen offenbar bewusst und hatte sich bemüht, verfahrensrechtliche Erleichterungen zu schaffen. Insbesondere in Drittlizenzfällen war es den Parteien jedoch regelmäßig nicht möglich, die gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Mit Gesetzesentwurf zum Jahressteuergesetz 2022 hatte das Bundesfinanzministerium (abermals) vorgeschlagen, die Besteuerung der Registerfälle – jedenfalls mit Wirkung für die Zukunft – (nahezu) vollständig abzuschaffen. Der Gesetzgeber ist diesem Vorschlag allerdings nicht gefolgt.

III. Heutige gesetzliche Neuerung durch das Jahressteuergesetz 2022

Mit der heute vom Bundesrat beschlossenen Zustimmung zum Jahressteuergesetz 2022 ist die maßgebliche Norm abgeändert worden. Nach der Neuregelung bleibt die Besteuerung der Registerfälle in zwei Konstellationen erhalten.

Betroffen sind zum einen Transaktionen, bei denen der Vergütungsgläubiger in einer Steueroase ansässig ist. Das Bundesfinanzministerium bestimmt, welche Staaten als Steueroasen eingestuft werden. Derzeit gelten folgende 12 Staaten als Steueroasen: Amerikanisch-Samoa, Anguilla, Bahamas, Fidschi, Guam, Palau, Panama, Samoa, Trinidad und Tobago, Turks- und Caicosinseln, Amerikanische Jungferninseln und Vanuatu.

Betroffen sind darüber hinaus Transaktionen zwischen nahestehenden Personen. Ein entsprechendes Näheverhältnis liegt bei einer (in)direkten Beteiligung von mindestens 25% vor, so dass insbesondere Konzernverhältnisse erfasst werden. Die bisherige Rechtslage wurde hier für Fälle ab dem 1.1.2023 teilweise entschärft. Hat der Vergütungsgläubiger einen Anspruch auf Befreiung von der Besteuerung nach einem DBA und den entsprechenden Vorschriften im Einkommensteuerrecht, wird das Besteuerungsrecht Deutschlands automatisch" ausgeschlossen. In diesen Fällen muss damit auch bei Lizensierungen kein Antrag mehr auf Freistellung vom Steuerabzug gestellt werden. Ist der Vergütungsschuldner hingegen in keinem DBA-Staat ansässig oder kann die Substanz- bzw. Tätigkeitsanforderungen nicht erfüllen, verbleibt es bei der bisherigen Besteuerung der Registerfälle zwischen nahestehenden Personen.

Die Neuregelung ist für Steueroasen-Fälle seit dem 1.1.2022, für Drittfälle auf alle offenen Fälle anzuwenden. Positiv zu werten ist damit die Abschaffung der Besteuerung in Drittfällen. Für Transaktionen zwischen nahestehenden Personen vor dem 1.1.2023 bleibt es aber bei der bisherigen Rechtslage. Der Rückwirkungszeitraum ist dabei nicht unerheblich und wird nur durch die Verjährung begrenzt: Hat der Steuerpflichtige in der Vergangenheit keine Steuererklärung hinsichtlich eines Registerfalls abgegeben, sind nur solche Zeiträume verjährt, die – vom Beginn des laufenden Kalenderjahres aus gesehen - länger als sieben Jahre zurückliegen.

IV. Ausblick

Die Neuregelung ist zwar insoweit erfreulich, als die Registerfälle auf Fälle zwischen nahestehenden Personen und Ansässigkeiten in Steueroasen eingeschränkt wurden. Für diese bleiben sie jedoch bestehen, auch wenn hier für die Zukunft bei DBA-Befreiungen verfahrensrechtliche Erleichterungen gelten. Wegen des langen Verjährungszeitraums bleibt außerdem eine siebenjährige Rückwirkung für sämtliche Registerfälle zwischen nahestehenden Personen erfasst.

Die vielfältigen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit und gegebenenfalls auch an den europarechtlichen Vorgaben dieser Besteuerung bleiben auch im Hinblick auf die jetzt erfolgte gesetzliche Neuregelung bestehen. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Rechtmäßigkeit der Registerfälle letztlich von den Gerichten entschieden wird.

Bis zur letztinstanzlichen Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Neuregelung sind betroffene Unternehmen auch weiterhin einem erheblichen finanziellen und administrativen Aufwand ausgesetzt. Sie müssen sämtliche Transaktionen mit nahestehenden Personen innerhalb der letzten sieben Jahre sondieren und bei Bedarf diese Fälle nacherklären. Angesichts der erheblichen verfassungsrechtlichen Zweifel ist im Einzelfall zu prüfen, ob gegen einen derartigen Steuerbescheid Einspruch bzw. Klage erhoben werden sollte. Gleiches gilt für Steuerbescheide für Transaktionen nach dem 31.12.2022 zwischen nahestehenden Personen oder Vergütungsgläubigern mit Sitz in einer Steueroase. Für die Zukunft sollte auch geprüft werden, ob die Besteuerung der Registerfälle gegebenenfalls durch eine Änderung der Lizenzbeziehungen beseitigt werden kann.

Wir beraten Sie gerne, wenn hierzu Fragen bestehen.

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