Regierungsentwurf vom 31. Juli 2019 für eine Reform der Grunderwerbsteuer: Warum Share Deals für Unternehmer schwieriger werden

Das Bundeskabinett hat am 31. Juli 2019 einen Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Novellierung des Grunderwerbsteuerrechts verabschiedet, der verschärfende Neuregelungen für sogenannte Share Deals vorsieht. Inhaltlich entspricht der Regierungsentwurf weitestgehend dem vorausgegangenen Entwurf vom 8. Mai 2019 für ein Jahressteuergesetz 2019 aus dem Bundesfinanzministerium. Aufgrund des fortbestehenden massiven Diskussionsbedarfs wurden die geplanten Änderungen des Grunderwerbsteuergesetzes nunmehr aus dem Referentenentwurf für ein JStG 2019" herausgelöst und in einen eigenständigen Gesetzesentwurf überführt. Der Kabinettsentwurf wurde am 9. August 2019 dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet (BR Drs. 355/19).

Erfreulich ist, dass im Regierungsentwurf von im Vorfeld befürchteten Neuregelungen mit sog. echter Rückwirkung abgesehen wurde. Stattdessen sieht der Regierungsentwurf eine allgemeine Übergangsregelung vor, nach der die Neufassung grundsätzlich erstmals auf Erwerbsvorgänge nach dem 31. Dezember 2019 anzuwenden wäre.

Sollten die in dem Regierungsentwurf vorgesehenen Regelungen vom Bundesrat so bestätigt werden, dürfte dies für die Praxis eine schmerzliche Zäsur darstellen. Die auslösende Schwelle für den Anteilserwerb wurde auf 90 Prozent gesenkt und die maßgeblichen Haltefristen von derzeit 5 auf 10 bzw. 15 Jahre verlängert.

Daneben ist besonders der geplante neue Ergänzungstatbestand für Kapitalgesellschaften in seiner aktuellen Form kritisch zu bewerten. Denn die Neuregelung stellt ohne Differenzierung auf den Übergang von 90 Prozent der Anteile innerhalb von 10 Jahren ab. Würden die Neuregelungen Gesetz, wären damit auch börsennotierte Kapitalgesellschaften und institutionelle Anlagegesellschaften in der Rechtsform von Kapitalgesellschaften betroffen, bei denen auch kurzzeitige Erwerbe von Kleinstanteilen mit Überschreitung der relevanten Beteiligungsschwelle Grunderwerbsteuer auslösen. Dies dürfte die Compliance-Abteilungen in den Unternehmen vor schwierige Herausforderungen stellen und hätte auch mittelbare Auswirkungen für private Kleinanleger, auf welche die Verschärfungen des Share Deals nach der politischen Intention nicht abzielen. Schließlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich hinsichtlich der erstmaligen Anwendung im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses noch Änderungen ergeben werden.

Der Regierungsentwurf vom 31. Juli 2019 enthält folgende für die Transaktionspraxis ab dem 1. Januar 2020 bedeutende Änderungen:

Einführung eines neuen Ergänzungstatbestands für Kapitalgesellschaften
  • Besteuerung der (mittelbaren) Übertragung von 90 % der Anteile an Kapitalgesellschaften auf Neugesellschafter innerhalb von 10 Jahren nach einem neuen § 1 Abs. 2b GrEStG, der als Ergänzungstatbestand entsprechend der Regelung für Personengesellschaften (§ 1 Abs. 2a GrEStG) konzipiert ist.
Herabsetzung der Beteiligungsgrenzen
  • auch bei den Vorschriften des § 1 Abs. 2a GrEStG, § 1 Abs. 3 GrEStG und § 1 Abs. 3a GrEStG von derzeit 95 % auf künftig 90 %
Maßgeblicher Betrachtungszeitraum
  • sowohl für Kapitalgesellschaften als auch für Personengesellschaften von 5 auf 10 Jahre verlängert
Haltefristenverlängerung
  • von 5 auf 10 Jahre (§§ 5 und 6 GrEStG) bzw. in Einzelfällen sogar 15 Jahre (§ 6 Abs. 4 GrEStG), um die Gestaltungen für die Praxis möglichst unattraktiv zu machen
  • Besonderheit: Auch bei den Haltefristen nach §§ 5 und 6 GrEStG, bei denen die 5-jährige Frist am 31. Dezember 2019 noch nicht abgelaufen war, verlängert sich die Frist rückwirkend auf 10 Jahre.
Abschaffung der Obergrenze des Verspätungszuschlags
  • gemäß § 152 Abs. 10 AO von derzeit maximal EUR 25.000 für Grunderwerbsteuerzwecke
Anwendung der Ersatzbemessungsgrundlage
  • gemäß § 8 Abs. 2 GrEStG i.V.m. dem BewG auf Grundstücksverkäufe im Rückwirkungszeitraum von Umwandlungsfällen zur Unterbindung von Grundstücksverkäufen unterhalb des Marktwertes, wenn dieser geringer ist als der Grundbesitzwert
Konzernprivilegierungsklausel
  • § 6a GrEStG nicht von der Änderung betroffen
  • Hier bleibt es sowohl bei der Grenze von 95 % als auch bei einer Vor- und Nachbehaltensfrist von 5 Jahren.
Fehlen einer sog. grandfathering rule"
  • Die Neufassung erfasst in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich sämtliche Anteilsbewegungen, die in einem 10-Jahreszeitraum vor dem 1. Januar 2020 stattgefunden haben, sofern durch sie nicht bereits die 90 % überschritten wurden.
  • Das Fehlen einer sog. grandfathering rule" ist bei der neu eingeführten Vorschrift des § 1 Abs. 2b GrEStG zumindest verfassungsrechtlich bedenklich.
  • Personengesellschafter, die nach § 1 Abs. 2a GrEStG bereits am 31. Dezember 2019 wegen Ablaufs der 5-Jahresfrist als Altgesellschafter gelten, werden nach der Neuregelung aber nicht als Neugesellschafter erfasst.
schwebende" Transaktionen
  • Übergangsregelung, nach der die Neuregelungen der §§ 1 Abs. 2a und 2b GrEStG auf Anteilsgeschäfte, deren Verpflichtungsgeschäft (signing") maximal ein Jahr vor der Zuleitung an den Bundesrat liegt und die innerhalb eines Jahres nach diesem Stichtag dinglich umgesetzt werden (closing"), keine Anwendung finden und die dementsprechend nicht als schädliche" Anteilsübertragung erfasst werden
Übergangsfristen
  • Bis zum 31. Dezember 2024 ist auch die bisherige Regelung (d.h. insbesondere die 95-%-Grenze) des § 1 Abs. 2a GrEStG noch weiterhin auf Änderungen des Gesellschafterbestandes anzuwenden.
  • Die bisherigen 95-%-Grenzen des § 1 Abs. 3 GrEStG und § 1 Abs. 3a GrEStG bleiben weiterhin unbegrenzt anwendbar, um eine steuerneutrale Aufstockung nach dem Hineinwachsen" in eine bestehende Anteilsvereinigung nach neuem Recht zu verhindern.

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