Das neue Investmentsteuerreformgesetz ist da. Mit seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt ist es mit Wirkung ab 27. Juli 2016 in Kraft getreten. Das neue Gesetz sieht u.a. ein grundlegend reformiertes Besteuerungssystem von Investmentfonds und deren Anleger vor. Mit dieser Reform fällt ein wesentlicher Aufgabenbereich der Fondsadministrationen am Luxemburger Standort weg. Was sind die zu erwartenden Reaktionen und welcher Handlungsbedarf ist jetzt gefordert?

Ausgangslage

Mit der Reform der deutschen Investmentbesteuerung sollen u.a. EU-rechtliche Risiken ausgeräumt, einzelne Steuersparmodelle verhindert und Systemfehler des geltenden Rechts korrigiert werden. Die Aufgabe war daher, ein grundlegend reformiertes Besteuerungssystem für Publikums-Investmentfonds zu schaffen.

Verringerung der Komplexität und des administrativen Aufwandes

Das zurzeit noch geltende Transparenzprinzip mit all seinen Reporting Anforderungen wird zukünftig für Publikumsfonds obsolet. Zukünftig sollen nur noch die folgenden vier Angaben für den Anleger notwendig sein:

  • Höhe der Ausschüttung,
  • Wert des Fondsanteils am Jahresanfang,
  • Wert des Fondsanteils am Jahresende,
  • Handelt es sich um einen Aktienfonds, einen Mischfonds, einen Immobilienfonds oder um einen sonstigen Fonds?

Aus Anlegersicht ist diese Reduzierung durchaus zu begrüßen und kann als Meilenstein der Fondsbesteuerung in Deutschland gewertet werden. Für die Fondsbranche und insbesondere für die Fondsadministrationen und deren IT-Experten stehen jedoch turbulente Zeiten vor der Tür. Bis zur erstmaligen Anwendung im Jahr 2018 müssen die alten Systeme auf die Anforderungen des neuen Gesetzes umgestellt sein. Damit verbunden ist:

  • Die Einführung eines neuen intransparenten" Besteuerungssystem für Investmentfonds
  • Die (beschränkte)- Körperschaftsteuerpflicht für Fonds in Deutschland
  • Die Beibehaltung eines (abgewandelten) transparenten Besteuerungssystems für Spezial-Investmentfonds.

Der Übergang zum neuen Besteuerungssystem erfolgt durch Fiktion eines Geschäftsjahresendes zum 31.12.2017. Auf diesen Tag sind letztmalig die Besteuerungsgrundlagen nach §5 InvStG sowie die täglichen Steuerkennzahlen zu ermitteln und bekannt zu machen. Für Fonds mit einem vom Kalenderjahr abweichenden Geschäftsjahr ist ein Rumpfgeschäftsjahr auf den 31.12.2017 zu bilden. Die Veröffentlichungsfrist der §5 Angaben für diese Fonds verlängert sich bis zum 31.12.2018.

Das neue Besteuerungssystem im Kurzüberblick

Fondsebene:

Zukünftig werden neben den ausländischen Fonds auch die inländischen Fonds körperschaftssteuerpflichtig. In- und ausländische Publikums-Investmentfonds müssen gleichermaßen die aus deutschen Einkunftsquellen stammenden sog. Beteiligungseinnahmen (Dividenden und Immobilienerträge) auf Fondsebene mit einem einheitlichen Steuersatz von 15% besteuern. Alle anderen Ertragsarten (z.B. Zinsen, Veräußerungsgewinne) sind auf Fondsebene weiterhin steuerfrei.

Grundsätzlich soll die Steuer bereits an der Quelle einbehalten und damit abgegolten sein, insofern eine sog. Statusbescheinigung der Finanzbehörde vorliegt. Ansonsten sind 25 % Kapitalertragsteuer auf die inländischen Einnahmen des Fonds vom Entrichtungspflichtigen einzubehalten und abzuführen.

Anlegerebene:

Auf Ebene des Anlegers sollen zukünftig die Ausschüttungen des Investmentfonds der Besteuerung unterworfen werden. Die Besteuerung einer sog. Vorabpauschale ersetzt dabei das System der ausschüttungsgleichen Erträge.

Zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen sollen durch sog. Teilfreistellungen Kapitalerträge aus Aktien-, Immobilien-, und sog. Mischfonds auf Anlegerebene teilweise steuerfrei gestellt werden.

Zum 31.12.2017 wird ein Verkauf der Anteile fingiert, damit der Übergang zum neuen Besteuerungssystem gewährleistet ist. Für Privatanleger von bestandsgeschützten Anteilen (Kauf vor 1. Januar 2009) wurde ein Freibetrag von EUR 100.000 für Wertzuwächse eingeräumt um weiterhin die steuerliche Freistellung dieser Gewinne zu gewährleisten.

Spezial-Investmentfonds:

Für Spezial-Investmentfonds wurde das heutige semi-transparente Besteuerungsverfahren grundsätzlich fortgeführt. Der bisherige Kriterienkatalog des § 1 (1b) InvStG für die semi-transparente Besteuerung wurde fast unverändert übernommen. Die Erträge des Spezial- Investmentfonds sind in einem aufwändigen Verfahren gesondert festzustellen. Zudem hat der Fonds diverse Kennzahlen pro Bewertungsstichtag in absoluten Zahlen zu ermitteln und dem Anleger bekannt zu machen.

Die Herausforderung für den Luxemburger Fondsstandort

Das heutige Investmentsteuergesetz ist ein Job Motor, insbesondere in Luxembourg. Die Komplexität hat die Nachfrage nach Spezialisten auf diesem Gebiet in den letzten Jahren drastisch gesteigert. Ganze Abteilungen sind alleine nur für die Ermittlung und Veröffentlichung täglicher und jährlicher Steuerkennzahlen aufgebaut worden. Aufwendige und teure IT Systeme wurden eigens für deutsche Steuerkennzahlen entwickelt und implementiert.

Das neue Besteuerungssystem birgt große Herausforderungen für Fondsadministrationen und Investmentgesellschaften. Im Folgenden sollen nur einige davon genannt werden:

  • IT-Systeme, die zur Ermittlung der täglichen Zahlen angeschafft wurden, sind im Grunde nutzlos bzw. dienen nur noch für eine geringe Zahl von Spezial-Investmentfonds.
  • Es ist insoweit zu erwarten, dass nur noch wenige Administrationen ein deutsches Steuerreporting für Spezialfonds anbieten werden.
  • Damit verbunden ist die wachsende Sorge der Mitarbeiter, dass ihr bisheriger Aufgabenbereich wegfallen könnte. Diese Mitarbeiter werden bereits jetzt nach neuen Herausforderungen suchen.
  • Fondsadministrationen stehen damit vor dem Dilemma, dass diese Mitarbeiter während der Umstellungsphase auf das neue System nicht mehr zur Verfügung stehen, jedoch dringend gebraucht werden.
  • Zudem ergeben sich aus dem neuen Besteuerungssystem unter Umständen Steuererklärungs- und Veranlagungspflichten für (ausländische) Fonds in Deutschland.
  • Insbesondere im Falle, dass Kapitalertragsteuer nicht bereits an der Quelle einbehalten wurde, sind steuerliche Mitwirkungs- und Erklärungspflichten der Investmentgesellschaft gefordert.
  • Damit steigt auch das steuerliche Haftungsrisiko der gesetzlichen Vertreter der Investmentgesellschaft, die die steuerlichen Pflichten der Fonds zu erfüllen haben. Eine steuerliche Vertretung gegenüber der deutschen Finanzverwaltung ist daher unumgänglich und erfordert wiederum steuerliches Fachpersonal.

Somit ergeben sich neue und wichtige Aufgabenbereiche für die Fondsadministrationen und deren Mitarbeiter. Von einer Weltuntergangsstimmung" sollte daher in keinem Fall die Rede sein. Daher sind jetzt Maßnahmen zu ergreifen, die beruhigend und zu gleich richtungsweisend wirken um alle Herausforderungen zu bewältigen.

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