Bisher war die Privatbestechung nur strafbar, wenn sie zu Wettbewerbsverzerrungen im Sinne des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb ("UWG") führte. Fehlte indes eine klassische Konkurrenzsituation, war korruptes Handeln unter Privaten straflos. Ausserdem wurde die Privatbestechung bis anhin nur verfolgt, wenn der Geschädigte einen Strafantrag stellte.

Neu wird die Privatbestechung auch im Strafgesetzbuch ("StGB") geregelt und die Strafbarkeit ist nicht mehr von einer Konkurrenzsituation abhängig. Die neuen Strafbestimmungen sind dabei grundsätzlich als Offizialdelikt ausgestaltet; nur in leichten Fällen wird die Tat weiterhin nur auf Antrag verfolgt. Neben den Änderungen im Bereich der Privatbestechung wird die Bestechung von Amtsträgern präzisiert. Künftig wird korruptes Verhalten in jedem Fall auch dann strafbar sein, wenn nicht der Amtsträger selbst, sondern ein Dritter, wie beispielsweise ein Sportverein, das Bestechungsgeld erhält.

Die am 25. September 2015 verabschiedete Revision des Korruptionsstrafrechts tritt am 1. Juli 2016 in Kraft.

Hintergrund

Die Schweizer Wirtschaft ist umfassend globalisiert und stark auf internationalen Märkten engagiert. Zudem haben zahlreiche internationale Sportverbände ihren Sitz in der Schweiz, die regelmässig Drehscheibe grosser wirtschaftlicher und finanzieller Interessen sind. Die wirtschaftliche Bedeutung des Sports steigert die Anfälligkeit für Korruption zusätzlich. Im Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen bei der Organisationsvergabe sportlicher Grossanlässe haben sich in den vergangenen Jahren vor allem punktuelle Schwächen bei der Verfolgung von Privatbestechungen ergeben. Die Gründe hierfür liegen hauptsächlich darin, dass bisher die lediglich im UWG geregelte Privatbestechung (Art. 4a UWG) nur verfolgt wurde, sofern der Geschädigte einen Strafantrag stellte und die Privatbestechung zu Wettbewerbsverzerrungen im Sinne des UWG führte. Seit dem Inkrafttreten dieser Regelung im UWG per 1. Juli 2006 ist es soweit ersichtlich zu keiner Verurteilung wegen Privatbestechung gekommen, obwohl der Kreis der Klageberechtigten gemäss UWG relativ weit gefasst ist. Dass es bisher zu keiner Verurteilung gekommen ist, bedeutet aber kaum, dass es die Privatbestechung in der Schweiz nicht gibt, sondern dass diese aufgrund der antragsbedingten Strafverfolgung faktisch nicht geahndet wurde.

Die jüngste Revision des Korruptionsstrafrechtes wurde am 25. September 2015 von der Bundesversammlung verabschiedet, und das Inkrafttreten der revidierten (Art. 102 Abs. 2, 322quinquies, 322sexies StGB) bzw. neuen (322octies, 322novies, 322decies StGB) Bestimmungen ist für den 1. Juli 2016 geplant. Die Revision bildet einen weiteren Schritt in der Bekämpfung der Korruption, da sie diese auf den privaten Bereich ausweitet.

Hauptaspekte der Revision im Korruptionsstrafrecht

Bestechung im privaten Sektor (Art. 322octies und Art. 322novies StGB)

Bis jetzt wurde die Privatbestechung ausschliesslich dann bestraft, wenn sie in den Geltungsbereich des UWG fällt. So ist die Privatbestechung seit dem 1. Juli 2006 in Art. 4a i.V.m. Art. 23 UWG verankert. Die Privatbestechung im Sinne des UWG muss den Markt verzerren oder den Wettbewerb in unzulässiger Weise verfälschen. Dies ist gemäss der Botschaft zum Korruptionsstrafrecht vom 30. April 2014 etwa dann der Fall, wenn ein Hersteller von Bremskomponenten den Einkaufsverantwortlichen eines Autoproduzenten besticht, um den Zuschlag für einen Vertrag zu erhalten, obwohl sein Produkt nicht das beste Preis-Leistungs-Verhältnis aufweist. Sein Verhalten ist gestützt auf das UWG strafbar.

Neu ist die Privatbestechung als Straftatbestand im Schweizerischen Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Dadurch wird der Straftatbestand der Bestechung Privater vom Begriff des unlauteren Wettbewerbs losgelöst und es wird nicht mehr verlangt, dass durch das korrumpierende Verhalten der Wettbewerb verfälscht wird. Zu denken ist etwa an ein Monopol (z.B. Vergabe von Sportanlässe wie Olympische Spiele oder Fussballweltmeisterschaften) oder wenn nicht zum Abschluss eines Geschäfts bestochen wird, sondern erst nach Abschluss des Vertrags (z.B. besticht der Zulieferer von Bremskomponenten den Verantwortlichen für die Qualitätskontrollen bei einem Automobilhersteller). Durch die Verankerung der Privatbestechung als Straftatbestand im StGB ist nunmehr insbesondere auch die Stellung der verschiedenen nicht gewinnorientierten Organisationen (z.B. internationale Sportverbände) geklärt.

Bei der Privatbestechung liegen die üblichen Gründe nicht vor, die es rechtfertigen würden, dass die Strafverfolgung nur auf Antrag erfolgt (z.B. Geringfügigkeit der Verletzung des geschützten Rechtsguts, enge und persönliche Beziehung zwischen Täter und Opfer). Daher ist die Privatbestechung wie ähnliche Vermögensdelikte (z.B. Veruntreuung oder ungetreue Geschäftsbesorgung) künftig grundsätzlich von Amtes wegen zu verfolgen. Sie ist damit neu in der Regel ein Offizialdelikt. Im Rahmen der parlamentarischen Beratung wurden allerdings die Artikel 322octies (Bestechen) und 322novies (Sich bestechen lassen) StGB mit einem zweiten Absatz ergänzt, welcher "leichte Fälle" ausdrücklich von der Verfolgung von Amtes wegen ausnimmt. Diese werden folglich weiterhin nur auf Antrag verfolgt. Die neuen Bestimmungen definieren den Begriff des leichten Falls nicht, was nach Inkrafttreten der neuen Bestimmung vorerst zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit für den Rechtsanwender führen wird. In der parlamentarischen Beratung wurden immerhin folgende Kriterien erwähnt:

  • Die Deliktsumme ist nicht umfangreich, d.h. der nichtgebührende Vorteil beträgt höchstens wenige Tausend Franken. Ein vergleichbarer Wert ist jener, der etwa zur Abgrenzung des besonders leichten Falles der Geldfälschung (Art. 240 Abs. 2 StGB) herangezogen wird.
  • Sicherheit und Gesundheit Dritter sind durch die Tat nicht betroffen.
  • Es liegt keine mehrfache, wiederholte oder bandenmässige Tatbegehung vor.
  • Im Zusammenhang mit der Bestechung sind keine Urkundendelikte begangen worden.

Die Grösse einer Unternehmung oder die finanziellen Verhältnisse der Beteiligten dürften gemäss Votum von Bundesrätin Sommaruga in der Beurteilung, ob ein leichter oder ein schwerer Fall vorliege, keine Rolle spielen. Es bleibt abzuwarten, ob und wie schnell sich in den Kantonen eine einheitliche Praxis durchsetzen wird. Hilfreich wären in diesem Zusammenhang insbesondere auch Empfehlungen der Schweizerischen Staatsanwälte-Konferenz. Letztlich wird es aber Aufgabe der Gerichte sein, hier die erforderliche Konkretisierung vorzunehmen.

Ferner ist der Anwendungsbereich der neuen Straftatbestände wie bereits unter Art. 4a UWG auf geschäftliche und dienstliche Tätigkeiten beschränkt. Somit bleibt die Bestechung unter Privatpersonen ausserhalb geschäftlicher und dienstlicher Beziehungen straflos (z.B. wenn eine Privatperson einem Bekannten im Gegenzug zu Geschenken ein Alibi zur Verdeckung ausserehelicher Affären verschafft). In der Praxis wird mehrheitlich auf das Kriterium der Entlöhnung abgestellt werden müssen, um dienstliche Tätigkeiten, die auch im Nebenerwerb ausgeübt werden (z.B. Mitgliedern des Exekutivkomitees einer grossen Sportorganisation), von nicht dienstlichen Tätigkeiten wie jener des Präsidenten des lokalen Schachvereins abzugrenzen.

Privatbestechung wird ausserdem weiterhin als Dreiparteienverhältnis ausgestaltet. Die Käuflichkeit einer Einzelperson, die nicht gegen eine rechtliche Treuepflicht gegenüber einem Dritten verstösst, sollte durch die Strafbestimmung weiterhin nicht erfasst werden.

In räumlicher Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass auch nur eine teilweise Begehung der Privatbestechung in der Schweiz für eine Bestrafung ausreicht (z.B. das Versprechen oder Angebot oder die Annahme eines Vorteils in der Schweiz). Sodann liegt eine Begehung in der Schweiz vor, falls sich der Bestechende im Zeitpunkt der Anordnung einer Geldüberweisung vorübergehend in der Schweiz aufhält. Unter Umständen kann schliesslich bereits ein verwendetes Schweizer Bankkonto für eine Strafbarkeit ausreichen.

Bestechung von Amtsträgern

(Art. 322quinquies und 322sexies StGB)

Neu erfassen die Art. 322quinquies (Vorteilsgewährung) und 322sexies (Vorteilsannahme) StGB im Einklang mit der Standardformulierung der Art. 322ter und 322quater StGB auch die Fälle, in denen ein nicht gebührender Vorteil "zu Gunsten eines Dritten" gewährt wird, damit ein Amtsträger eine Handlung vornimmt, die er ohnehin vornehmen müsste. Der nicht gebührende Vorteil muss wie bis anhin im Hinblick auf die amtliche Tätigkeit des Amtsträgers gewährt werden und der Täter muss auch in diesem Punkt mit Wissen und Willen handeln.

Strafrahmen und gemeinsame

Bestimmungen (Art. 322decies StGB)

Der Strafrahmen der beiden neuen Strafbestimmungen (Art. 322octies und Art. 322novies StGB) der beiden revidierten Art. 322quinquies und 322sexies StGB beträgt bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Daher kommt die Privatbestechung nicht als Vortat zur Geldwäscherei in Frage.

In Art. 322decies Abs. 1 StGB wurden zwei Bestimmungen kombiniert und sinngemäss übernommen (Art. 322octies Ziff. 2 StGB und Art. 4a Abs. 2 UWG): Keine nicht gebührende Vorteile sind demnach:

  • die Annahme oder Gewährung dienstrechtlich erlaubter oder vertraglich genehmigter Vorteile;
  • geringfügige, sozial üblichen Vorteile.

Um hier Klarheit zu schaffen, ist daher zu empfehlen, dass die Fälle erlaubter Vorteilsgewährung und -annahme in geeigneter Form verbindlich geregelt werden (so etwa im Arbeitsvertrag, Dienstreglement o.ä.).

Zudem ist in Bezug auf die Privatbestechung zu erwähnen, dass die Annahme oder Gewährung von Vorteilen, die dem Arbeitgeber zugutekommen (Rabatte, Treueprämien usw.) nicht unter die neuen Strafbestimmungen fallen.

In Art. 322decies Abs. 2 StGB (Gemeinsame Bestimmungen) wird schliesslich der bisherige Wortlaut von Art. 322octies Ziff. 3 StGB ohne inhaltliche Änderung übernommen. Danach werden Private den Amtsträgern "gleichgestellt", wenn sie öffentliche Aufgaben erfüllen.

Handlungsbedarf für Unternehmen?

Neu handelt es sich bei der aktiven Privatbestechung (Art. 322octies StGB) um eine Katalogstraftat im Sinne der strafrechtlichen Verantwortung des Unternehmens gemäss Art. 102 Abs. 2 StGB. Die in Art. 102 Abs. 2 StGB konzipierte konkurrierende Strafbarkeit führt dazu, dass neben dem eigentlichen Delinquenten auch die Unternehmung bestraft werden kann, "wenn dem Unternehmen vorzuwerfen ist, dass es nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehren getroffen hat, um eine solche Straftat zu verhindern."

Unternehmen sind dadurch einem nicht unerheblichen Risiko ausgesetzt, sofern sie in Zukunft der gesteigerten Gefahrenlage nicht mit entsprechenden Vorsichtsmassnahmen begegnen. Dies betrifft insbesondere jene Unternehmungen, die keine Geschäftsbeziehungen mit staatlichen bzw. staatlich kontrollierten Unternehmungen unterhalten hatten und daher dem Risiko der Bestechung nicht ausgesetzt waren. Gerade diese Unternehmungen sind gut beraten, ihre internen Weisungen und Regelungen darauf hin zu prüfen, ob sie den Anforderungen an eine hinreichende interne Organisation im Sinne des Art. 102 Abs. 2 StGB genügen. Falls nicht bereits vorhanden, werden nebst der Schulung von Mitarbeitern auch die Implementierung von spezifischen Kontrollprozessen sowie die Einrichtung einer Anlaufstelle für Meldungen (Whistleblower Hotline), Modifikationen in den Lieferverträgen und weitere Schritte (z.B. Anpassungen im Code of Conduct) notwendig werden.

Im Zusammenhang mit Whistleblowing ist sodann darauf hinzuweisen, dass aktuell eine Gesetzesänderung vorgesehen ist, die dem Schutz von Whistleblowern ausserhalb des Arbeitsverhältnisses Rechnung tragen soll. Seit Sommer 2015 ist überdies bei fedpol eine webbasierte (externe) Meldeplattform in Betrieb, mit welcher Personen direkt und auf Wunsch anonym Hinweise zu eventuellen strafbaren Korruptionshandlungen einreichen können. Die Anonymität der hinweisgebenden Person wird gewährleistet. Die dort eingehenden Meldungen werden auf die strafrechtliche Relevanz überprüft und innerhalb der Bundeskriminalpolizei (BKP) der zuständigen Dienststelle oder gegebenenfalls einer aussenstehenden Behörde (z.B. Kantonspolizei) zur Bearbeitung weitergeleitet. Auch vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, dass Unternehmen und internationale Sportverbände eine wirksame interne Plattform für Meldungen im Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen einrichten.

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