Digitalisierung. Der Prozess, durch den immer mehr Bereiche des Lebens nicht nur automatisiert, sondern eben mittels digitaler Geräte auch miteinander vernetzt werden, ist in aller Munde. Die Informations- und Kommunikationstechnologie entwickelt sich rasant und bringt neue Fragen mit sich. Auch in der Immobilienbranche.

«Allmählich wird der ganze Immobilienzyklus von der Digitalisierung erfasst: Die Planung, Realisierung und Bewirtschaftung von Gebäuden. Gerade mit der IT-basierten Methode BIM», sagt David Schwaninger, Rechtsanwalt und Partner bei Blum & Grob Rechtsanwälte AG in Zürich. BIM bedeutet «Building Information Modelling». Neu arbeiten alle an einer Gebäudeplanung involvierten Experten gleichzeitig an einem Modell – ob mit ausgetauschten Daten oder gleich mit derselben Software. «Diese Arbeitsweise hat verschiedenste Vorteile, zum Beispiel können bereits bei der Planung viele Fehler korrigiert werden, die sonst erst bei den Bauarbeiten zu Tage treten», betont der Rechtsanwalt.

BIM ermöglicht aber noch viel mehr, als nur diese Planungseffizienz. «Mit Hilfe dieser Technologie können verschiedenste Daten hinterlegt und genutzt werden. Beispielsweise dienen diese Informationsmodelle auch zur Kosten- und Terminplanung. Das ist insofern interessant, weil so effizienter gebaut werden kann und Kosten eingespart werden», sagt David Schwaninger. Damit ist es aber nicht getan. Mit BIM erstellte Modelle können auch für die Bewirtschaftung von Liegenschaften verwendet werden. Ein Gebäude hat in der Regel eine Lebensdauer von 60 bis 80 Jahren und 80 Prozent der Kosten fallen beim Betrieb an. Wenn bereits bei der Planung eines Neubaus Facility Manager beigezogen werden, kann also viel Geld gespart werden.

Gleichzeitig wirft BIM aber neue Fragen auf. «Während früher jeder Planer seine eigenen Pläne erstellte, werden die Plandaten nun in BIM-Modellen digital zusammengeführt. Neben den typischen baurechtlichen Themen, stellen sich nun auch Herausforderungen, wie sie in IT-Projekten auftreten. Hier sind spezialisierte Anwälte gefordert, denn die Vertragsgestaltung verändert sich durch diese neue Situation», erklärt der Rechtsanwalt. Es seien zwar nicht unbedingt mehr Leute an einem Bau beteiligt, doch durch BIM entstehen neue Pflichten und Rollen: «Das muss man vertraglich abbilden. Wer ist verantwortlich für das Ausbügeln von Fehlern? Wer haftet wofür? Wenn sich Fehler sogar auf die Bewirtschaftung des Gebäudes auswirken und dadurch Mehrkosten entstehen, reden wir auch von viel höheren potentiellen Haftungsrisiken. Dies spielt dann auch für Versicherungen eine Rolle».

Für diese neue Situation braucht es keine neuen Gesetze. Aber plötzlich spielen rechtliche Fragen in einen Bereich hinein, in dem diese früher kein Thema waren. «Der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein (SIA), der in der Schweiz massgebliche Baustandards setzt, wird in Bälde ein neues Merkblatt zum Umgang mit BIM veröffentlichen», da hinke die Schweiz aber anderen Ländern, wie beispielsweise den USA und England hinterher, so der Rechtsanwalt. Dies wohl, weil es zum Beispiel in England obligatorisch werde, beim Bau von öffentlichen Gebäuden mit BIM zu arbeiten.

Neue Fragen stellen sich auch in Bezug auf das Urheberrecht: Wer hat welche Rechte, wenn alle an einem Modell arbeiten? Besteht am Modell ein gemeinsames Urheberrecht?

Weiter ist die IT relevant: «Früher hat jeder mit seinem eigenen Rechner gearbeitet, Papier und Daten wurden ausgetauscht. Doch jetzt gehen die Daten auf eine gemeinsame Plattform. Wer ist also für den reibungslosen Betrieb der IT und die Datensicherheit verantwortlich? Das muss geregelt werden».

In einem nächsten Schritt, wenn BIM-Modelle auch bei der Bewirtschaftung eines Gebäudes genutzt werden, können etwa Mieterdaten erhoben werden. «Dann kommt man zum Datenschutz.» In Bezug auf den Datenschutz sei BIM im Ergebnis aber nicht besonders problematisch. «Hier werden in der Regel wohl keine heiklen Personendaten erhoben. Ein Missbrauch liegt allerdings bereits vor, wenn Personendaten ohne das Wissen der Mieter gesammelt werden.».

Probleme können auch entstehen, wenn in einem laufenden Bauprojekt nicht mehr auf die BIM-Daten und -Pläne zugegriffen werden kann. Beispielsweise, weil alles auf einem externen Server oder gar einer Cloud gespeichert wird und der betreffende Anbieter in Konkurs fällt. Wenn BIM-Modelle und -Daten auch für die Bewirtschaftung der Liegenschaft gebraucht werden sollen, muss auch sichergestellt werden, dass der Eigentümer die Daten in einem weiter verwendbaren Format erhält und später auch brauchen darf.»

Die Digitalisierung in der Immobilienbranche – vor allem BIM – bringt auch neue Risiken mit sich: Der Datenzugriff muss gewährleistet, die Verantwortungen und Haftungsfragen müssen geklärt sein. «Aber ich sehe vor allem Chancen. Die Effizienz wird gesteigert und Synergien können genutzt werden. Es ist mit der Digitalisierung in der Immobilienbranche aber teilweise noch so, wie das damals bei den Gebrüdern Wright war: Als sie ihre ersten Flüge absolvierten, dachte auch noch niemand über das Luftfahrtrecht nach. Nun geht es darum, BIM-Projekte vertraglich so auszugestalten, dass diese nicht in Turbulenzen geraten», sagt David Schwaninger.

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