Die Überbrückungshilfen für die Wirtschaft sind willkommen. Doch sie sind keine Geschenke. Wie aber sollen Kredite zurückbezahlt werden, wenn zu wenig Liquidität vorhanden ist? Eine gute Lösung kommt aus Lausanne.

Zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus hat der Bundesrat einen Mittelweg gewählt. Er hat strikte Verbote mit Verhaltensempfehlungen kombiniert. Obwohl die Schweiz damit im Gegensatz zu anderen Ländern einen vollständigen Lockdown vermeiden konnte, bedeuteten die Massnahmen für die Wirtschaft erhebliche Beeinträchtigungen und finanzielle Konsequenzen. Um Liquiditätsengpässe abzufedern, hat der Bundesrat deshalb Hilfspakete im Umfang von mehreren Milliarden Franken beschlossen.

ilfe an KMU mittels vom Bund verbürgter Covid-19-Überbrückungskredite. Unternehmen erhalten so zinslos bis zu eine halbe Million, mit Zinsen sogar 20 Millionen Franken. Auch wenn die Massnahmen grundsätzlich breiten Zuspruch erfahren haben, wurde die konkrete Ausgestaltung der Liquiditätshilfe für die KMU auch kritisiert. Da es sich nicht um A-fonds-perdu-Leistungen ohne Rückzahlungspflicht handelt, sondern lediglich um Bankkredite mit einem Fälligkeitsdatum,steigt damit zwangsläufig die Schuldenlast der kreditnehmenden Unternehmen. Immerhin sieht die Verordnung eine Übergangsfrist vor. Gestützt darauf müssen Überbrückungskredite unter einer halben Million Franken für die Berechnung eines Kapitalverlusts und einer Überschuldung bis zum 31. März 2022 nicht als Fremdkapital berücksichtigt werden. Ohne Rückzahlung müssen die Kredite ab diesem Stichtag jedoch als Fremdkapital bilanziert werden, was für die Unternehmen und verantwortlichen Organe bei einem Engpass entsprechende Kapitalschutzmassnahmen oder sogar Anzeigepflichten mit Konkursfolgen auslösen kann.

Leider muss davon ausgegangen werden, dass viele KMU trotz – oder auch wegen – der Inanspruchnahme der Überbrückungskredite mittelfristig in finanzielle Schwierigkeiten geraten werden, sofern sich die Wirtschaft nicht sehr schnell erholt. Es sind deshalb Anschlusslösungen gefragt, um eine Konkurswelle bei KMU zu verhindern. Das Gesetz sieht verschiedene Möglichkeiten zur Sanierung eines Schuldners vor.

Bei ausserordentlichen Verhältnissen im Zuge wirtschaftlicher Krisen – etwa aufgrund einer globalen Pandemie – soll gemäss Gesetzgeber die Notstundung Abhilfe schaffen. Sie schützt Schuldner für eine beschränkte Zeit teilweise vor dem Zugriff der Gläubiger. Allerdings hat sich die Notstundung in der Praxis für Unternehmen als wenig hilfreich erwiesen, insbesondere weil sie keine Sanierungsmassnahmen vorsieht und der Schuldner damit riskiert, trotzdem Konkurs zu gehen. Für eine effektive Sanierung von Unternehmen ist deshalb das Instrument der Nachlassstundung vorzuziehen.

Schutz und Sanierung

Bei der Nachlassstundung wird ein in finanziellen Schwierigkeiten steckender Schuldner umfassend vor Betreibungen durch Gläubiger geschützt. Gleichzeitig wird seine wirtschaftliche Existenz saniert, indem mit allen Gläubigern ein Vergleich für ihre ausstehenden Forderungen angestrebt wird. Das Instrument der Nachlassstundung hat für die Dauer von sechs Monaten ab dem 20. April 2020 gewisse Anpassungen erfahren, um den Corona-bedingten Umständen Rechnung zu tragen. Um die Gerichte zu entlasten, muss beispielsweise mit dem Gesuch um Nachlassstundung kein Sanierungsplan eingereicht werden. Ein vom Gericht eingesetzter Sachwalter überprüft die Sanierungsfähigkeit und die Geschäftstätigkeit des Schuldners während der Stundung. Nur wenn keine Aussicht auf Sanierung besteht, muss der Sachwalter dem Gericht einen Antrag auf Eröffnung des Konkurses über den Schuldner unterbreiten.

Für KMU kann die Einleitung eines solchen Nachlassverfahrens allerdings zu aufwendig sein. Der Bundesrat hat deshalb mit der sogenannten Covid19-Stundung ein temporäres Instrument für eine Stundung für KMU eingeführt. Sofern ein KMU Ende 2019 nicht bereits überschuldet war, kann es beim Gericht die zeitlich befristete Covid-19-Stundung beantragen. Das KMU ist dadurch umfassend vor Betreibungen geschützt und darf mit Ausnahme von privilegierten Forderungen – zum Beispiel seitens der Arbeitnehmer – damit zuwarten, seine Gläubiger zu bezahlen. Der Schuldner darf seine Geschäftstätigkeit in der Regel ohne Aufsicht fortführen und kann seine Sanierung herbeiführen. Falls es zweckmässig ist, kann die Covid-19- Stundung auch in eine Nachlassstundung übergeführt werden.

Dividenden statt Zinszahlungen

Unternehmen, die trotz Unterstützungsmassnahmen in finanzielle Schwierigkeiten geraten, können mit der Nachlassstundung oder der Covid-19-Stundung eine Sanierung anstreben. Zu wünschen wäre, dass der Bundesrat das System der KMU-Überbrückungskredite einer Prüfung unterzieht und für Härtefälle eine Übergangsregelung bei der Bilanzierung der Überbrückungskredite bis zu einer halben Million Franken vorsieht, um dadurch entstehende Überschuldungen per 31. März 2022 zu verhindern.

Die EPFL-Professoren Jean-Pierre Danthine, Rüdiger Fahlenbrach und Erwan Morellec schlagen eine ganz andere Lösung vor: KMU sollen die Überbrückungskredite durch Ausgabe von Vorzugsaktien ablösen können. Dies hätte den Vorteil, dass die Zahlung von Vorzugsdividenden – im Gegensatz zu Zinszahlungen – in schlechten Jahren nicht obligatorisch wäre und nachgeholt werden könnte. Vorzugsaktien haben als Eigenkapital ausserdem kein Fälligkeitsdatum und müssen nicht zurückbezahlt werden. Ein vom Privatsektor verwalteter Fonds, an dem sich institutionelle Anleger sowie der Bund beteiligen, würde diese neuen Vorzugsaktien der KMU erwerben. Das Konkursrisiko würde sich durch den Einsatz dieser Instrumente erheblich reduzieren, mit Risiko- und Renditevorteilen auch für die Kreditgeber.

Die gute Erfahrung aus der Zusammenarbeit von UBS, SNB und Bund nach der Finanzkrise hat gezeigt, dass Konstruktionen, die Risiken auslagern, mit der Zeit zu einem Erfolg für beide Seiten werden können. Nun ist die Legislative gefordert, den Boden für eine solche Lösung zu bereiten.

Originally published by NZZ on the 15th of June, 2020

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