Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Kündigung eines befristeten und mehrfach verlängerten Geschäftsführervertrags. § 7 Abs. 3 des Dienstvertrages enthält eine Regelung, wonach beide Parteien ab Vollendung des 61. Lebensjahr des Geschäftsführers das Dienstverhältnis durch einseitige Erklärung mit einer Frist von sechs Monaten zum Jahresende beenden können.

Mit Schreiben vom 23.06.2016 wurde dem im Jahre 1955 geborenen und zu diesem Zeitpunkt 61 Jahre alten Kläger zum 31.12.2016 gekündigt.

Der Kläger verlangt die Feststellung, dass sein Dienstvertrag durch die Kündigung nicht beendet wurde. Seine Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos.

Die Revision hatte hingegen Erfolg. Der BGH hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zurück an das OLG.

Die Anwendung des AGG ist im vorliegenden Fall nicht bereits durch § 2 Abs. 4 AGG ausgeschlossen. Die Vorschrift regelt, dass auf Kündigungen ausschließlich die Vorschriften des allgemeinen und besonderen Kündigungsschutzes anwendbar sind. Das Kündigungsschutzgesetz findet jedoch auf Geschäftsführerdienstverträge keine Anwendung.

Der sachliche Anwendungsbereich ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG eröffnet. Bei der Regelung in § 7 Abs. 3 des Dienstvertrages handelt es sich um eine Entlassungsbedingung im Sinne der Norm.

Die Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs (§ 6 AGG) ergibt sich nicht schon aus § 6 Abs. 3 AGG. Die Vorschrift behandelt die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie beruflichen Aufstieg von Selbständigen und Organmitgliedern, insbesondere Geschäftsführern und Vorständen. Entlassungsbedingungen werden von § 6 Abs. 3 AGG jedoch nicht erfasst.

Stattdessen ist nach Auffassung des BGH der persönliche Anwendungsbereich gem. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AGG eröffnet. Da das AGG die zugrunde liegende europäische Richtlinie inhaltsgleich umgesetzt hat und diese nicht auf den Arbeitnehmerbegriff des deutschen Rechts verweist, ist der Begriff Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EuGH unionsrechtlich auszulegen. Die Zielsetzung der Richtlinie, einen breiten Personenkreis schützen zu wollen, lässt es zu, den Fremdgeschäftsführer einer GmbH wie einen vor Diskriminierung durch Entlassungsbedingungen geschützten Arbeitnehmer anzusehen.

Die Rechtsprechung des BGH, wonach Organmitglieder keine Arbeitnehmer im Sinne der arbeitsrechtlichen Bestimmungen sind, sondern selbst Arbeitgeberfunktion ausüben, steht der Einordnung des Fremdgeschäftsführers einer GmbH als Arbeitnehmer iSd § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AGG nicht entgegen. Diese Entscheidung beruht auf dem nationalen Arbeitnehmerbegriff, welcher für die hiesige Einordnung im Sinne des Unionsrechts ohne Bedeutung ist.

Ein Mitglied eines Leitungsorgans, das gegen Entgelt Leistungen gegenüber der Gesellschaft erbringt, die es bestellt hat, das seine Tätigkeit nach der Weisung oder unter der Aufsicht eines anderen Organs dieser Gesellschaft ausübt und das jederzeit ohne Einschränkungen von seinem Amt abberufen werden kann, erfüllt die Voraussetzungen, um als Arbeitnehmer im Sinne des Unionsrechts zu gelten.

Demnach ist der Fremdgeschäftsführer einer GmbH bei europarechtskonformer Auslegung als Arbeitnehmer iSv § 6 Abs. 1 1 Nr. 1 AGG anzusehen, wenn bei der Kündigung seines Geschäftsführervertrages der sachliche Anwendungsbereich des AGG über § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG eröffnet ist.

Dieser Auslegung steht § 6 Abs. 3 AGG nicht entgegen. Die Vorschrift erweitert den persönlichen Anwendungsbereich des AGG in den dort genannten Gründen u.a. auf Geschäftsführer. Sie schränkt den Schutz jedoch nicht für diejenigen Personen ein, die bereits wegen § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AGG in den persönlichen Anwendungsbereich des AGG fallen.

Die Kündigungsregelung im Dienstvertrag verstößt gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG. Sie beinhaltet ein Kündigungsrecht der Beklagten für den Fall des Erreichens einer bestimmten Altersgrenze. Damit ist das Kündigungsrecht an einen der in § 1 AGG genannten Gründe – das Alter – geknüpft.

Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist diese Ungleichbehandlung auch nicht gem. § 10 AGG gerechtfertigt, da kein legitimes Ziel ersichtlich ist. Anders als die Vorinstanz verneinte der BGH das Bestehen von betriebs- und unternehmensbezogener Interessen als legitimes Ziel. Erfahrungssätze für ein Bedürfnis von unterhalb des gesetzlichen Renteneintrittsalters liegenden Altersgrenzen aufgrund des hohen Anforderungsprofils bestünden nicht. Auch eine Analogie zu § 10 S. 3 Nr. 5 AGG sei nicht möglich, da die Regelung nicht für eine Beendigung durch Kündigung gilt. Das OLG muss nun darüber entscheiden, ob die Beklagte noch betriebs- und unternehmensbezogenen Interessen darlegen kann, die die Ungleichbehandlung rechtfertigen. Soweit solche Interessen Teil eines sozialpolitischen Gesamtziels sind, hielt der BGH dies für möglich.

Praxistipp:

Die Entscheidung zeigt, dass auch bei der Gestaltung von Geschäftsführerdienstverträgen auf die Einhaltung des AGG zu achten ist. Kündigungsmöglichkeiten sollten nicht an das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze geknüpft werden, sonst droht das Risiko, dass sie unwirksam sind. Unternehmen sollten auch bereits bestehende Vertragsregelungen überprüfen und ggfs. anpassen.

Der BGH hat mit der hier besprochenen Entscheidung die Koordinaten des Anstellungsverhältnisses von GmbH-Fremdgeschäftsführern näher zum Arbeitsverhältnis verschoben. Der Grundsatz, dass Organmitglieder keine Arbeitnehmer im Sinne der arbeitsrechtlichen Bestimmungen sind, weil sie selbst Arbeitgeberfunktionen ausüben, ist damit für den Anwendungsbereich des AGG aufgehoben.

Unklar bleibt noch, ob der BGH künftig auch bei allen anderen Gesetzen – die auf europarechtlicher Grundlage beruhen und für die der EU-rechtliche Arbeitnehmerbegriff maßgeblich ist – Fremdgeschäftsführer als Arbeitnehmer ansehen und in der Folge sämtliche unionsrechtlichen Arbeitnehmerschutzvorschriften auf Fremdgeschäftsführer anwenden wird.

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