Eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist, die vorsieht, dass ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer bestimmten Frist gerichtlich geltend gemacht werden muss, ist in entsprechender Anwendung des § 203 S. 1 BGB gehemmt, solange die Parteien vorgerichtliche Vergleichsverhandlungen führen.

BAG, Urteil v. 20.06.2018 – 5 AZR 262/17

Die Parteien streiten über Überstundenvergütung sowie die Abgeltung von 32 Urlaubstagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitsvertrag enthält eine Klausel, nach der Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit schriftlich gegenüber der Gegenseite geltend gemacht und bei Ablehnung innerhalb von weiteren drei Monaten bei Gericht anhängig gemacht werden müssen; ansonsten verfallen sie. Der Kläger machte seine Forderung zunächst mit Schreiben vom 14.09.2015 geltend. Die Beklagte lehnte die Ansprüche mit Schreiben vom 28.09.2015 ab, wies allerdings drauf hin, eine einvernehmliche Lösung anzustreben. In der Folgezeit führten die Rechtsanwälte der Parteien bis zum 25.11.2015 erfolglose Vergleichsverhandlungen. Der Kläger erhob am 21.01.2016 Klage. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die Berufung des Klägers blieb ebenfalls erfolglos. Das LAG Nürnberg vertrat die Auffassung, dass die Ansprüche verfallen seien, da die zweite Stufe der Ausschlussfrist nicht gewahrt wurde. Dabei hielt das LAG die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist für wirksam, obwohl sie Mindestlohnansprüche nicht ausdrücklich ausgenommen hatte. Das BAG gab der Revision des Klägers hingegen statt und verwies das Verfahren an das LAG zur erneuten Verhandlung zurück. Der Kläger habe die dreimonatige Ausschlussfrist zur gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche gewahrt. § 203 S. 1 BGB, der bestimmt, dass die Verjährung gehemmt ist, wenn zwischen den Parteien Verhandlungen stattfinden, sei auf arbeitsvertragliche Ausschlussfristen entsprechend anzuwenden. § 203 S. 2 BGB, der regelt, dass die Verjährung frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung eintritt, finde auf arbeitsvertragliche Ausschlussfristen hingegen keine entsprechende Anwendung.

Folglich wird nur der Zeitraum, während dessen die Vergleichsverhandlungen andauern, entsprechend § 209 BGB in die Ausschlussfrist nicht eingerechnet.

Da die Frist somit eingehalten war, kam es für die Entscheidung nicht darauf an, ob die Verfallklausel insgesamt unwirksam ist, weil sie den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausdrücklich aus ihrem Anwendungsbereich ausgenommen hatte (siehe hierzu die Besprechung der Entscheidung des BAG vom 20.06.2018 – 5 AZR 377/17 auf Seite 3 dieses Newsletters).

Mangels Feststellungen des LAG zu dem vom Kläger behaupteten Arbeitszeitkonto und dessen Saldo sowie den bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch offenen Urlaubstagen musste das Verfahren zurückverwiesen werden.

Praxistipp:

Verhandeln Arbeitgeber und Arbeitnehmer über streitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, ist ab sofort zu berücksichtigen, dass dies die in einer Ausschlussfrist geregelte Pflicht zur gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs hemmt. Dies ermöglicht den Parteien, den Ausgang außergerichtlicher Verhandlungen abzuwarten, bevor eine Klage erfolgen muss. Wichtig wäre es dann jedoch, zu dokumentieren, dass und wann die Verhandlungen stattfinden, um dies im Prozess auch nachweisen zu können.

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