Vier Jahre Geschäftsgeheimnisschutzgesetz – Eine Reihe von Gerichtsentscheidungen konkretisiert die Anforderungen

Angesichts strenger Urteile zum Geschäftsgeheimnisgesetz sollten Unternehmen Vorkehrungen treffen, um ihre Betriebsgeheimnisse wirksam zu sichern.

Vor vier Jahren ist das Geschäftsgeheimnisschutzgesetz (GeschGehG) in Kraft getreten. Ein Blick auf die seit Ende April 2019 ergangene Rechtsprechung zeigt: Unternehmen, die bisher nur zurückhaltend Maßnahmen zum Schutz von Know-how und Geschäftsgeheimnissen ergriffen haben, sollten aktiv werden. Andernfalls besteht beispielsweise folgendes Risiko: Der Angestellte verlässt nach einer Kündigung mit Geschäftsgeheimnissen unterm Arm" den Betrieb oder schickt diese zuvor an seine private Email-Adresse. Und weder er noch das Konkurrenzunternehmen, bei dem die Informationen dann verwendet werden, kann dafür belangt werden. Zudem hat das verletzte Unternehmen für gerichtlichen Eilrechtsschutz nur wenige Wochen. Zur Erinnerung: Schutz genießt seit dem GeschGehG nur noch, wer seine geheimen Informationen aktiv schützt. Nur dann kann der Verletzte Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz, Rückruf und Vernichtung der Unterlagen und Dateien verlangen. Auch wurde das sogenannte Reverse Engineering" erlaubt: Sind potenziell gleichwertige Konkurrenzprodukte am Markt, kann der Verletzer dem Plagiats-Vorwurf entgehen, wenn er plausibel darlegt, dass er sich das zur Produktion erforderliche Wissen durch die Untersuchung vorhandener Produkte verschafft hat. Der verletzte Betrieb muss hingegen darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass seine Produkte auf am Markt unbekanntes Wissen zurückgehen (ArbG Aachen, Az.: 8 Ca 1299/20). Während der Beschäftigungszeit erworbene Kenntnisse, die der Arbeitnehmer in seinem Gedächtnis aufbewahrt, sind nach Vertragsbeendigung grundsätzlich unbeschränkt verwendbar (LG Arnsberg, Az.: 1 O 327/20). Sogenannte Catch-All Klausen" sind unwirksam (LAG Köln, Az.: 2 SaGa 20/19; ArbG Aachen, Az.: 8 Ca 1229/20). Das sind Arbeitsvertragsklauseln, die unbefristet – über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus – vereinbart wurden und sich auf die Geheimhaltung aller Betriebsund Geschäftsgeheimnisse beziehen – sowie auf alle sonstigen bei der Tätigkeit zur Kenntnis gelangten Vorgänge im Unternehmen. Auch im folgenden Fall kann sich das Unternehmen nicht auf Geheimnisschutz berufen: Die Verantwortlichen im Betrieb wissen, dass ein ausgeschiedener Mitarbeiter nach Ende des Arbeitsverhältnisses noch Unterlagen besitzt – und sie fordern sie trotz vertraglicher Rückgabepflicht nicht zurück (LAG Düsseldorf, Az.: 12 SaGa 4/20). Laut dem OLG Hamm kann sich das Unternehmen zudem in folgender Konstellation nicht auf Geheimnisschutz berufen: In der Vergangenheit wurden technische Schutzmaßnahmen nachweislich umgangen – und trotz deutlicher Anhaltspunkte hierfür hat der Betrieb nicht angemessen reagiert (Az.: 4 U 177/19). Doch es gibt aus Sicht von Betrieben, die sich um einen angemessenen Geschäftsgeheimnisschutz bemüht haben, auch gute Nachrichten. So hat das OLG Düsseldorf ein Unternehmen belohnt", das umfangreich Maßnahmen ergriffen hatte (Az.:15 U 6/20). Hier ging es um den Umgang mit firmeneigenen Smartphones. Digitale Daten wurden mittels Firewall, gesicherter VPN-Leitung und Log-In Funktion gesichert und es bestanden nur spezifische Freigaben. Bis das GeschGehG in Kraft trat, war der Geschäftsgeheimnisschutz im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geregelt. Anerkannte Geschäftsgeheimnisse sind zum Beispiel: Rezepturen, Verfahren, Preiskalkulationen, Kundenlisten, Ausschreibungen, Angebotsunterlagen, Konstruktionen und Konstruktionsskizzen, Mitarbeiter-Daten, Prototypen oder Algorithmen. 70 Prozent der Verletzungen entfallen auf Innentäter", also auf Arbeitnehmer. lz xy-23 Angesichts strenger Urteile zum Geschäftsgeheimnisgesetz sollten Unternehmen Vorkehrungen treffen, um ihre Betriebsgeheimnisse wirksam zu sichern.

Christian Ritter von Strobl-Albeg ist Partner der Kanzlei Schalast, Standort Stuttgart, und auf Wettbewerbsrecht spezialisiert

Quelle: Lebensmittelzeitung, Seite 20, Recht & Politik, Ausgabe 24 vom 16.Juni 2023

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