Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO hat die Bedingungen für den konzerninternen Personalverleih in einer Weisung vom 20. Juni 2017 präzisiert. Eine willkommene Klarstellung oder eine Behinderung der Mobilität der Arbeitnehmer?

1 KONTEXT

Die Mobilität der Arbeitnehmer wird oft als Eckpfeiler des Funktionierens von Konzernen betrachtet. Diese Mobilität kann sich je nach Organisation der Gruppe, ihrem Geschäftsmodell und den betroffenen Mitarbeitern unterschiedlich manifestieren. Als erstes ist an die Entsendung zu denken, ein klassischer Fall, bei dem ein Mitarbeiter zu einer Gruppengesellschaft in einem anderen Land entsandt wird, um dort zu leben und zu arbeiten. Weiter können bestimmte Abteilungen wie das Personalwesen, Marketing, IT oder die Finanzdienstleistungen innerhalb eines Konzerns zentralisiert werden. Die Mitarbeiter in diesen Abteilungen nehmen ihre Aufgaben für alle diejenigen Gruppengesellschaften wahr, die selbst keine internen Ressourcen in den jeweiligen Bereichen haben oder nur über ein kleines Team verfügen. Manchmal ist es auch nur die Leitung einer Abteilung, eines Departements oder einer Geschäftseinheit, die zentralisiert ist. Der Vorgesetzte leitet ein Team, dessen Mitglieder von einer anderen Gesellschaft als er selbst angestellt sind. Ein weiteres Beispiel sind Mitarbeiter mit besonderen Fähigkeiten, die mit der Durchführung eines Projekts oder der Umsetzung eines Auftrags in anderen Gesellschaften der Gruppe als ihr Arbeitgeber betraut werden. Manchmal handelt es sich auch lediglich um einen zeitweiligen Ersatz für einen Mitarbeiter einer anderen Gesellschaft, der arbeitsunfähig ist, oder die vorübergehende Besetzung einer Position. Diese Aufzählung von Beispielen ist keineswegs erschöpfend. In vielen Fällen verrichten die betroffenen Arbeitnehmer Arbeit in einem Unternehmen, das nicht ihr formeller Arbeitgeber ist, und/oder haben Weisungen von Dritten zu befolgen, die weder Organ noch Angestellte des eigenen Arbeitgebers sind. Damit stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit mit dem Bundesgesetz über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih (AVG).

2 DER PERSONALVERLEIH

2.1 DEFINITION

Die Definition des Begriffs "Personalverleih" findet sich in der Verordnung über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih (AVV). Ein Personalverleih liegt vor, wenn der Arbeitgeber (Verleiher) einen Arbeitnehmer einem Dritten (Einsatzbetrieb) überlässt, indem er diesem wesentliche Weisungsbefugnisse gegenüber dem Arbeitnehmer abtritt. Die wichtigsten Kriterien, welche auf das Vorliegen eines Personalverleihs schliessen lassen, sind:

  • Unterordnungsverhältnis. Der Einsatzbetrieb hat das Recht, dem überlassenen Arbeitnehmer Weisungen über die Art der auszuführenden Aufgaben, die Weise, wie die Arbeiten auszuführen sind, sowie die zu verwendenden Mittel zu erteilen.
  • Einbindung des Arbeitnehmers in den Einsatzbetrieb. Der Arbeitnehmer ist in die Arbeitsorganisation des Einsatzbetriebs in persönlicher, organisatorischer, sachlicher und zeitlicher Hinsicht eingebunden. Er führt seine Arbeiten mit den Geräten und/oder in den Räumlichkeiten des Einsatzbetriebs aus und unterliegt den Arbeitszeiten und internen Weisungen des Einsatzbetriebs.

Es können auch weitere Kriterien berücksichtigt werden, wie etwa die Art und Weise, wie die Leistungen des Mitarbeiters dem Einsatzbetrieb in Rechnung gestellt werden, wer die Gefahr der Schlechterfüllung der Arbeitsleistung trägt und wer für Schäden haftet, die der Mitarbeiter verursacht.

2.2 BEWILLIGUNGSPFLICHTIGE TÄTIGKEITEN

Gemäss AVG müssen Arbeitgeber (Verleiher), die gewerbsmässig Personal an Einsatzbetriebe verleihen, im Besitz einer Bewilligung der zuständigen Behörde sein. Einzig das gelegentliche Überlassen von Arbeitnehmern ist von der Bewilligungspflicht ausgenommen. Ein bloss gelegentliches Überlassen von Arbeitnehmern liegt vor, wenn die folgenden Bedingungen kumulativ erfüllt sind:

  • Der Zweck des Arbeitsvertrages zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer liegt darin, dass der Arbeitnehmer hauptsächlich unter der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers arbeitet;
  • der Arbeitnehmer wird nur ausnahmsweise einem Einsatzbetrieb überlassen und
  • die Dauer des Arbeitsvertrages ist von allfälligen Einsätzen bei Einsatzbetrieben unabhängig.

Entspricht der Personalverleih nicht den oben genannten Kriterien, so dass er nicht als gelegentliches Überlassen qualifiziert, so fällt der Verleiher nur dann nicht unter die Bewilligungspflicht, wenn er nicht gewerbsmässig handelt. Die Gewerbsmässigkeit wird in der AVV allerdings sehr weit gefasst. Danach gilt bereits als gewerbsmässiger Personalverleiher, wer mit seiner Verleihtätigkeit einen jährlichen Umsatz von mindestens CHF 100'000 erzielt. Ebenfalls als gewerbsmässiger Personalverleiher gilt, wer mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, innerhalb von zwölf Monaten mehr als zehn Verleihverträge abschliesst. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in der Praxis einzig diejenigen Verleiher von der Bewilligungspflicht ausgenommen sind, die Personal lediglich ausnahmsweise verleihen und dies nicht Teil ihres Standardangebots ist.

2.3 PERSONALVERLEIH AUS DEM AUSLAND

Die Bewilligung für den Personalverleih in der Schweiz wird vom kantonalen Arbeitsamt am Ort des Sitzes der Gesellschaft erteilt. Möchte der Schweizer Arbeitgeber seine Arbeitnehmer einem Einsatzbetrieb im Ausland verleihen oder Arbeitnehmer verleihen, die ausländische Staatsangehörige sind und im Ausland rekrutiert wurden, so ist zusätzlich zur kantonalen Bewilligung eine Bewilligung des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) erforderlich.

Das AVG verbietet im Ausland niedergelassenen Arbeitgebern (Verleihern), Personal in das Schweizer Staatsgebiet zu verleihen. Ohne Niederlassung in der Schweiz kann auch keine Bewilligung zum Personalverleih erteilt werden.

Weder das AVG noch die AVV enthalten besondere Bestimmungen über den konzerninternen Personalverleih.

3 DIE WEISUNGEN DES SECO

3.1 DIE WEISUNG 2003

Im Jahr 2003 veröffentlichte das SECO seine Weisungen und Erläuterungen zum AVG, zur AVV und zur Verordnung über Gebühren, Provisionen und Kautionen im Bereich des Arbeitsvermittlungsgesetzes (GebV-AVG) (Weisung 2003). In dieser Weisung stellte das SECO fest, dass der Personalverleih zwischen Gesellschaften derselben Gruppe nicht bewilligungspflichtig sei. Aus den Erläuterungen des SECO ging auch hervor, dass der konzerninterne Personalverleih trotz Art. 12 Abs. 2 AVG, der den Personalverleih vom Ausland in die Schweiz verbietet, auch grenzüberschreitend bewilligungsfrei zulässig sei.

3.2 DIE WEISUNG 2017

Am 20. Juni 2017 erliess das SECO eine neue Weisung mit dem Titel "Konzerninterner Personalverleih - Beurteilung der Bewilligungspflicht / Weisung 2017; Präzisierung der Weisungen und Erläuterungen zum AVG" (Weisung 2017).

In dieser Weisung hält das SECO fest, dass seine Erläuterungen in der Weisung 2003 nicht bedeuteten, dass der konzerninterne Personalverleih generell von der Bewilligungspflicht befreit sei. Eine Ausnahme von der Bewilligungspflicht sei nur unter besonderen Umständen gerechtfertigt. Der konzerninterne Personalverleih könne nur bewilligungsfrei zugelassen werden, wenn es sich um einen Einzelfall handle und ausschliesslich den Erwerb von Erfahrungen in fachlicher, sprachlicher oder anderweitiger Hinsicht fördere oder dem Wissenstransfers innerhalb des Konzerns diene oder gelegentlich vorkomme.

Die wichtigsten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bewilligungsfrei zulässigen konzerninternen Personalverleihs sind:

  • Der Arbeitnehmer wird hauptsächlich zur Arbeitsleistung in der einen Gesellschaft des Konzerns angestellt.
  • Der Personalverleih an andere Konzerngesellschaften gehört nicht zum Hauptzweck der verleihenden Gesellschaft.
  • Der Personalverleih erfolgt bloss gelegentlich und ist zeitlich begrenzt.
  • Beim Verleih stehen der Erwerb von Erfahrung und/ oder die Aneignung bzw. Weitergabe spezifischer Kenntnisse und von Wissen im Vordergrund.

Wenn der konzerninterne Personalverleih die Voraussetzungen für die Ausnahme von der Bewilligungspflicht erfüllt, findet auch das Verbot des Personalverleihs durch einen ausländischen Verleiher keine Anwendung. In diesen Fällen kann eine schweizerische Gesellschaft, die zu einer internationalen Unternehmensgruppe gehört, auch die Dienste eines Mitarbeiters in Anspruch nehmen, der bei einer anderen Konzerngesellschaft mit Sitz im Ausland angestellt ist.

In der Weisung 2017 führt das SECO weiter aus, dass das Bundesgesetz über die flankierenden Massnahmen bei entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und über die Kontrolle der in Normalarbeitsverträgen vorgesehenen Mindestlöhne (Entsendegesetz; EntsG) die Anwendung des AVG nur bei echter Entsendung ausschliesse. Gemäss SECO unterscheidet sich die Entsendung vom Personalverleih dadurch, dass bei der Entsendung die Gesamtheit oder zumindest der wesentliche Teil der Weisungsbefugnis bezüglich des Arbeitnehmers beim Arbeitgeber verbleibt. Das SECO ist der Ansicht, dass Personalverleih vorliegt, wann immer das Weisungsrecht an eine Drittpartei delegiert werde. Das AVG finde in diesem Fall unabhängig davon Anwendung, ob der Dritte (Einsatzbetrieb) dem Konzern angehört oder nicht.

4 SANKTIONEN

Der Arbeitgeber, der ohne die erforderliche Bewilligung Personal verleiht, wird mit Busse von bis zu CHF 100'000.- bestraft. Der Einsatzbetrieb, der die Dienste eines Verleihers in Anspruch nimmt, der nicht über die erforderliche Bewilligung verfügt, wird mit Busse von bis zu CHF 40'000.- bestraft. Aus zivilrechtlicher Sicht ist sowohl der mit dem Einsatzbetrieb geschlossene Personalverleihvertrag als auch der mit dem Arbeitnehmer geschlossene Arbeitsvertrag nichtig, wenn der Verleiher nicht über die erforderliche Bewilligung verfügt. Der Arbeitsvertrag mit dem Arbeitnehmer ist jedoch von beiden Parteien wie ein gültiger Vertrag zu erfüllen, bis sich eine der Parteien auf die Ungültigkeit beruft.

5 ANALYSE UND PRAXISFÄLLE

5.1 TRAGWEITE DER SECO-WEISUNGEN

Bei den Weisungen des SECO handelt es sich um Verwaltungsverordnungen, die an die zuständigen Behörden gerichtet sind, um eine einheitliche Praxis zu gewährleisten. Sie bringen die allgemeine Auslegung gewisser gesetzlicher Bestimmungen zum Ausdruck. Sie haben keine Gesetzeskraft und sind weder für Private noch die Gerichte verbindlich, aber solange die Weisungen der einheitlichen und rechtsgleichen Rechtsanwendung dienen, weichen die Gerichte nur insoweit von ihnen ab, als sie nicht richtiger Auslegung des Gesetzes entsprechen.

Wie bereits erwähnt, befassen sich weder das AVG noch die AVV speziell mit dem konzerninternen Personalverleih und das EntsG schliesst die Anwendung der Bestimmungen des AVG in diesem Bereich nicht ausdrücklich aus. Die kantonalen Behörden müssen die Weisung 2017 in ihrer Praxis umsetzen. Die betroffenen Unternehmen, seien es Verleiher oder Einsatzbetriebe, können einzig geltend machen bzw. nachweisen, dass die vom SECO festgelegten Voraussetzungen für den bewilligungsfreien konzerninternen Personalverleih erfüllt sind.

5.2 KONSEQUENZEN FÜR DIE PRAXIS I N KONZERNVERHÄLTNISSEN

Gewisse Konzerne nutzen eine oder mehrere Gruppengesellschaften als Rekrutierungszentren bzw. Staffing- Gesellschaften für das Konzernpersonal. Eine Gesellschaft stellt also Mitarbeiter zur Deckung des Personalbedarfs des ganzen Konzerns ein. Sie schliesst als Arbeitgeberin Arbeitsverträge ab, erledigt die Lohnadministration und andere Personalangelegenheiten. Die Mitarbeiter werden an andere Gesellschaften des Konzerns verliehen, um dortige Positionen zu besetzen. Die Weisung 2017 des SECO zielt in erster Linie darauf ab, diese Praxis zu unterbinden.

Ein Unternehmen dieser Art mit Sitz in der Schweiz gilt als gewerbsmässiger und bewilligungspflichtiger Personalverleiher, auch wenn es sein Personal nur konzerneigenen Gesellschaften verleiht. Wenn die Verleihgesellschaft ihren Sitz im Ausland hat, dürfen die Schweizer Gesellschaften der Gruppe die Dienste jener Mitarbeiter nicht in Anspruch nehmen, da es ausländischen Verleihern verboten ist, Personal in die Schweiz zu verleihen.

Die Überlassung eines Mitarbeiters als Ersatz für einen vorübergehend abwesenden Stelleninhaber oder zur Durchführung eines bestimmten Projektes in einer anderen Konzerngesellschaft bleibt grundsätzlich ohne Bewilligung möglich. In diesem Rahmen ist auch der Verleih eines Arbeitnehmers, dessen Arbeitgeber im Ausland ansässig ist, zulässig. Allerdings muss der Gelegenheitscharakter des Personalverleihs gewährleistet sein, was unter Umständen Auslegungsfragen aufwerfen kann.

6 SCHLUSSFOLGERUNG

Mit der Weisung 2017 wurde eine Auslegung formalisiert, die das SECO bereits bei der Beurteilung praktischer Fälle vertreten hatte und die von den zuständigen kantonalen Behörden häufig angewendet worden war. Der Erlass dieser Weisung schränkt jedoch den Handlungsspielraum und die Flexibilität, welche die Behörden bisher nutzen konnten, deutlich ein. Wenn eine Gesellschaft einen ihrer Mitarbeiter in eine andere Gesellschaft der Gruppe entsendet oder einen Mitarbeiter einer anderen schweizerischen oder ausländischen Gesellschaft aufnimmt, muss sorgfältig geprüft werden, ob eine Bewilligung erforderlich bzw. ob die Überlassung des Mitarbeiters rechtmässig ist.

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