Das Bundesgericht hat seine ständige Rechtsprechung bestätigt, wonach die Kündigung eines Auftragsverhältnisses nicht zur Unzeit erfolgt, wenn für die Auflösung ein begründeter Anlass vorliegt. Ein solcher Anlass kann insbesondere bei Schlechterfüllung des Auftrags durch den Beauftragten vorliegen.

In einem Entscheid vom 12. Juli 2017 (4A_680/2016 bzw. 4A_686/2016) hatte sich das Bundesgericht mit der Beendigung eines Auftragsverhältnisses und deren Folgen zu befassen.

Hintergrund der Streitigkeit bildeten drei Verträge, welche die Gesellschaft X. (Auftraggeberin), eine Be-treiberin von Juwelier-, Uhren- und Luxusgeschäften, mit der Gesellschaft Z. (Auftragnehmerin), einer Ge-sellschaft im Bereich Objekt- und Personenschutz, in den Jahren 2005, 2009 und 2011 abgeschlossen hatte. Die X. beauftragte die Z. mit der Überwachung ihrer drei Filialen in der Stadt V. Die drei Verträge sahen jeweils eine Mindestvertragsdauer von zwei Jahren bzw. vier Monaten vor, wobei sich die Verträge still-schweigend verlängerten, wenn sie nicht von einer der Parteien vier bzw. drei Monate vor Ablauf gekündigt wurden. Für den Fall einer Kündigung durch X. ohne Einhaltung dieser Kündigungsfristen sahen die allge-meinen Vertragsbedingungen jeweils wegen Kündi-gung zur Unzeit einen Schadenersatzanspruch von Z. in Höhe der Vergütung während der letzten drei Mona-te vor Vertragsauflösung vor.

Die allgemeinen Vertragsbedingungen untersagten der X. zudem, während der Vertragsdauer und der Dauer eines Jahres nach Beendigung weder direkt noch indirekt die Dienste von Mitarbeitern der Z. für ähnliche Aktivitäten, wie sie die Z. anbietet, anzuwerben oder diese einzustellen, in welcher Form auch immer. Für den Widerhandlungsfall wurde eine Entschädigung von CHF 20'000.- vereinbart.

Am 25. Juli 2011 löste die X. alle drei Verträge per 1. September 2011 bzw. 1. November 2011 auf. Z. machte in der Folge geltend, dass zwei der drei Kündi-gungen unter Nichteinhaltung der vertraglichen Kündi-gungsfristen erfolgt seien. Wegen Kündigung zur Un-zeit (Art. 404 Abs. 2 OR) erhob Z. Klage auf Bezahlung von Schadenersatz gegen X.

Gleichzeitig klagte Z. auf Bezahlung einer Entschädi-gung durch X. wegen Verletzung des vertraglich ver-einbarten Abwerbeverbots. Dies, weil H., der als Si-cherheitsagent in den drei Filialen der X. für Z. gearbei-tet hatte, vom 17. Oktober bis 3. Dezember 2011 von der Gesellschaft I. angestellt und zur Überwachung ebendieser Filialen eingesetzt wurde. Dabei war I. Unterauftragnehmerin derjenigen Gesellschaft, welche die X. nach der Auflösung der Verträge mit der Z. neu mit der Überwachung ihrer drei Filialen beauftragt hatte.

Während das erstinstanzliche Gericht die Klage vollum-fänglich abwies, hiess die zweite Instanz die Klage teilweise gut und sprach der Z. gestützt auf Art. 404 Abs. 2 OR Schadenersatz wegen Kündigung zur Unzeit zu. Die Entschädigungsforderung wegen Verletzung des Abwerbeverbots wies auch die zweite Instanz ab. Beide Parteien erhoben gegen diesen Entscheid Be-schwerde ans Bundesgericht.

Das Bundesgericht hielt fest, dass nicht bestritten sei, dass es sich bei den drei Überwachungsverträgen um Aufträge im Sinne von Art. 394 ff. OR handle. Nach seiner ständigen Rechtsprechung, an der es trotz Kritik in der Lehre festgehalten habe, könne der Auftrag gemäss Art. 404 Abs. 1 OR jederzeit widerrufen oder gekündigt werden. Dieses Beendigungsrecht sei zwin-gend und könne weder ausgeschlossen noch vertrag-lich eingeschränkt werden. Dies gelte auch bei befriste-ten oder atypischen Aufträgen.

Das Bundesgericht führte weiter aus, dass Art. 404 Abs. 2 OR vorsehe, dass diejenige Partei, welche den Auftrag zur Unzeit widerrufe oder kündige, der anderen Partei zum Ersatz des dadurch verursachten Schadens verpflichtet sei. Diese Haftung setze zweierlei voraus: das Fehlen ernsthafter Gründe für die Auflösung und das Erleiden eines Schadens durch die Gegenpartei aufgrund der Dispositionen, die sie zur Auftragserfül-lung getroffen habe. Entsprechend liege keine Kündi-gung zur Unzeit vor, wenn der Beauftragte der Auftrag-geberin begründeten Anlass zur Vertragsbeendigung gegeben habe. Die Auflösung erfolge dann ohne ernst-hafte Gründe, wenn keine Umstände erkennbar seien, die aus objektiver Sicht die Weiterführung des Vertrags unzumutbar machten, insbesondere die Vertrauensbe-ziehung mit der Gegenpartei zerstörten.

Im konkreten Fall kam das Bundesgericht zum Schluss, dass X. begründeten Anlass zur Vertragsauflösung im Sinne dieser Rechtsprechung gehabt hatte. Es war erstellt, dass die Z. mindestens seit dem Jahr 2010 ihre Dienstleistungen nicht zur Zufriedenheit der X. erbracht hatte. Abgesehen davon, dass deren Sicherheitsperso-nal wiederholt die Öffnungszeiten der Filialen missach-tet hatte, was dazu führte, dass den Kunden erst ver-spätet Einlass gewährt werden konnte, legte das Si-cherheitspersonal auch nicht das Verhalten an den Tag, das die X. erwarten durfte. Es war nachgewiesen, dass ein Sicherheitsagent im Eingang einer Boutique mit geöffneter Türe geraucht hatte, dass ein anderer Sicherheitsagent den halben Tag in den Fauteuils für die Kunden herumgesessen hatte und dass ein dritter Sicherheitsagent im Stehen eingeschlafen war, den Kopf gegen die Eingangstüre gelehnt. Das Bundesge-richt hielt fest, dass ein solches Verhalten des Sicher-heitspersonals in Luxusboutiquen inakzeptabel sei. Hinzu kam, dass das Sicherheitspersonal der Z. nicht ausgebildet war, im Falle eines Angriffs zu reagieren, was das Verkaufspersonal beunruhigte, und dass das Sicherheitspersonal sich darüber hinaus wenig um die zu erledigenden Aufgaben kümmerte.

Es war darüber hinaus erstellt, dass die Verfehlungen des Sicherheitspersonals der Z. gemeldet worden waren. Diese hatte indessen nichts zur Verbesserung der Situation unternommen. Die genannten Umstände waren deshalb gemäss Bundesgericht zweifellos ge-eignet, das Vertrauensverhältnis zwischen den Partei-en zu zerstören. Die X. hatte damit begründeten An-lass, die Verträge mit der Z. aufzulösen, weshalb die Vertragsbeendigung nicht zur Unzeit im Sinne von Art. 404 Abs. 2 OR erfolgte und der Z. keine Schadener-satzansprüche zustanden.

In Bezug auf die geltend gemachte Verletzung des vertraglichen Abwerbeverbots hielt das Bundesgericht fest, dass etwas abwerben" nach dem gewöhnlichen Sinn des Wortes bedeute, etwas deutlich und mit Nachdruck" zu verlangen. Es war indessen nicht er-stellt, dass die X. nachdrücklich verlangt hatte, dass H. sich in ihren Dienst stelle, nachdem er die Z. verlassen hatte. Es war auch nicht festgestellt, dass die X. Druck auf ihre neue Auftragnehmerin ausgeübt hatte, damit deren Unterauftragnehmerin I. den Mitarbeiter H. an-stellte.

Das Bundesgericht hob deshalb das vorinstanzliche Urteil auf und wies die Klage vollumfänglich ab.

KOMMENTAR

Das Urteil bestätigt die konstante Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach ein Auftrag dann zur Unzeit im Sinn von Art. 404 Abs. 2 OR beendet wird, wenn die auflösende Partei ohne Grund, d.h. in einem ungünstigen Moment ohne sachliche Rechtfertigung der anderen Partei besondere Nachteile verursacht. Der vorliegende Fall liefert ein sehr anschauliches Beispiel dafür, dass der Auftraggeber bei Schlechterfüllung eines Auftrags seitens des Beauftragten einen begründeten Anlass zur Auftragsauflösung haben kann, welcher Schadenersatzansprüche von vornherein ausschliesst.

Interessant sind im Übrigen die Ausführungen des Bundesgerichts zum Begriff des Abwerbens". Das Bundesgericht stellt klar, dass es für das Vorliegen einer Abwerbehandlung eines nachdrücklichen Verlangens bedarf. Demgegenüber wird ein Abwerbeverbot bei passivem Verhalten nicht verletzt. Dies ist auch für den Bereich des Arbeitsrechts von Relevanz, wo nachvertragliche Abwerbeverbote in Bezug auf Kunden und Mitarbeiter in der Praxis häufig anzutreffen sind.

OKTOBER 2017

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