Im Liechtensteinischen Landtag wird derzeit intensiv an einer Änderung des Bürgerrechtsgesetzes (BüG) gearbeitet. Anstoss für die geplante Reform war eine parlamentarische Motion, welche den Erwerb einer doppelten Staatsbürgerschaft bei Einbürgerungen ermöglichen soll. 16 der 25 Landtagsabgeordneten sprachen sich für die Umsetzung der Motion aus. Zur Debatte standen unterschiedliche Lösungsansätze, die Regierung hat nun dem Landtag einen Gesetzesentwurf vorgelegt.

In Zukunft sollen EWR- und Schweizer Staatsangehörige ihre alte Staatsbürgerschaft nach der Einbürgerung behalten können. Voraussetzung ist, dass auch im Herkunftsstaat doppelte Staatsbürgerschaften erlaubt sind (Prinzip der Reziprozität). Drittstaatangehörige müssen weiterhin ihre alte Staatsbürgerschaft ablegen. Diese Ungleichbehandlung warf verfassungsrechtliche Bedenken auf, weshalb ein verfassungsrechtliches Gutachten in Auftrag gegeben wurde.

In Selbigem wurde unter anderem festgehalten, dass grundsätzlich keine völkerrechtlichen Verpflichtungen zu beachten seien. Der (völkerrechtliche) Grundsatz der Vermeidung von Doppelstaatsbürgerschaften sei einerseits praktisch hinfällig, da sich die Einstellung zur Doppelstaatsbürgerschaft grundlegend geändert habe. Andererseits stellt die Staatsangehörigkeit keinen Anknüpfungspunkt für eine allfällige Diskriminierung im Sinne des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung dar. Eine Anpassung des Bürgerrechtsgesetzes unterliege lediglich" dem allgemeinen Gleichbehandlungsgebot nach Art. 31 Abs. 1 LV. Eine Ungleichbehandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit müsse sachlich gerechtfertigt und verhältnismässig sein. Die Bevorzugung von EWR- und Schweizer Staatsangehöriger erscheine wegen aussenpolitischer Interessen, der kulturellen bzw. sprachlichen Nähe und einer damit einhergehenden erhöhten Assimilations- und Integrationsbereitschaft, sowie der rechtlichen und wirtschaftlichen Verbundenheit mit diesen Staaten, unproblematisch.

Ebenfalls untersucht wurde die Sinnhaftigkeit der reziproken Ausgestaltung des Anpassungsentwurfes. Dafür wurden die rechtlichen Gegebenheiten in allen EWR-Mitgliedstaaten und der Schweiz bezüglich der Möglichkeit einer Doppelstaatsbürgerschaft aufbereitet. Nur für 8 der 31 untersuchten Staaten ist keine Reziprozität gegeben. Allerdings zählen die in diesem Zusammenhang äusserst relevanten Nachbarstaaten Österreich und Deutschland zu dieser Minderheit. Diese Staatsangehörigen verlieren bei Erwerb der liechtensteinischen Staatsbürgerschaft auch in Zukunft aufgrund der Rechtslage in ihren Herkunftsländern ihre bisherige Staatsbürgerschaft. Die Regierung hält in ihrer Gesetzesvorlage dennoch am Prinzip der Reziprozität fest.

Flankierend sollen die anderen Einbürgerungsvoraussetzungen, welche Missbrauchspotenzial aufweisen, verschärft werden. Weiters soll die Verkürzung der Mindestaufenthaltsdauer von 10 auf 5 Jahre bei aufrechter Ehe (doppelte Zählweise der Ehejahre) bereits beim Wegfall des gemeinsamen Wohnsitzes oder spätestens bei Einleitung eines Scheidungsverfahrens entfallen. Des Weiteren soll der Fragenkatalog der verpflichtenden Staatskundeprüfung bei der Einbürgerung überarbeitet und ausgeweitet werden. Auf eine angedachte Erhöhung des erforderlichen Sprachniveaus von B2 auf B1 verzichtet die Regierung. Eine entsprechende Gesetzesvorlage für die flankierenden Massnahmen steht allerdings noch aus.

Über weitere Entwicklungen werden wir Sie natürlich gerne informieren.

Originally published Naegele, May 2020

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