In der EU wird die MwSt zwar auf nationaler Ebene angewandt. Gleichwohl hat sie ihre Grundlage in einer auf europäischer Ebene geschaffenen Gesetzgebung:

Seit ihrer EU-weiten Einführung im Jahr 1967 hat sich die MwSt zu den am stärksten harmonisierten Steuern entwickelt. Das gilt jedenfalls dann, wenn man mit dem europäischen Verordnungs- bzw. Richtliniengeber davon ausgeht, dass Zollrecht entgegen der deutschen Abgabenordnung kein Steuerrecht ist, sondern primär Wirtschaftsverwaltungsrecht, das seit der Reform des Zollkodex wesentlich der Abwehr von terroristischen Gefahren dient. Die Harmonisierung der MwSt in der EU erklärt sich nicht allein aus dem Ziel, steuerliche Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt zu verhindern. Ein ebenso gewichtiger Grund liegt darin, dass die mitgliedstaatlichen Beiträge zum EU-Haushalt u.a. an die mehrwertsteuerlichen Bemessungsgrundlagen geknüpft ist, was eine Harmonisierung derselben erforderlich gemacht hat. Mehrwertsteuerrecht und Zollrecht sind die Bereiche, die ganz weitgehend vergemeinschaftet sind.

EG-Richtlinien sind im Unterschied zu Verordnungen (wie dem Zollkodex) – im Prinzip – nicht unmittelbar anwendbares Recht; sie bedürfen vielmehr der nationalen Umsetzung. Sie sind für die Mitgliedstaaten hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich, überlassen den Mitgliedstaaten jedoch die Form der Umsetzung. Die nationalen Vorschriften können daher oft nur im Wechselspiel mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben verstanden werden. Allerdings darf sich der Steuerpflichtige unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbar auf eine für ihn günstige Richtlinien-Bestimmung berufen.

Obwohl das MwSt-Recht der Mitgliedstaaten einem gemeinsamen Strickmuster" folgt, unterliegen die für die praktische Abwicklung von Liefergeschäften mit Auslandsbezug relevanten Aspekte—insbes. die Frage einer etwaigen Registrierungspflicht im Ausland—weiterhin der nationalen Regelungskompetenz. Diese Umsetzungsspielräume haben für im EU-Ausland tätige Unternehmen erhebliche Unsicherheiten bei der Anwendung des MwSt-Rechts zur Folge. Neben den Kosten der MwSt-Abwicklung (VATCompliance") geht das in der Praxis oft mit unerkannten oder negierten Aufrechnungsrisiken einher.

Beispiel 1: Ein holländisches Unternehmen verkauft ab einem in Deutschland gelegenen Auslieferungslager Waren an deutsche Großhändler. Nach holländischem Verständnis geht die Steuerschuld im Wege des Reverse- Charge auf den inländischen Lieferungsempfänger über. Das deutsche Recht kennt für solche Lieferungen hingegen keinen vergleichbaren Mechanismus. Vertraut das holländische Unternehmen darauf, dass seine heimischen Vorschriften in Deutschland entsprechend gelten, so verletzt es das deutsche Umsatzsteuerrecht.

Beispiel 2: Ein englisches Verlagshaus, das in Deutschland umsatzsteuerlich registriert ist, lässt in Deutschland Bücher drucken, die es anschließend an Buchhändler im EU-Ausland verkauft. Nach englischem Verständnis ist die Lieferung von Drucksachen generell umsatzsteuerfrei. Der Verlag vertraut auf eine entsprechende Befreiung im deutschen Umsatzsteuerrecht und nimmt es mit der Nachweisführung für innergemeinschaftliche Lieferungen nicht sonderlich genau. Die Betriebsprüfung stellt gravierende Nachweismängel fest. Nacherhebungen und Strafverfahren sind weitere Folgen.

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