Erzielt eine in mehreren Kantonen steu-erpflichtige Immobiliengesellschaft in einem oder mehreren Kantonen Ver-luste, stellt sich die Frage, ob diese Ver-luste in erster Linie vom Hauptsteuerdo-mizil oder quotal von allen Nebensteu-erdomizilen mit positiven Ergebnissen übernommen werden müssen.

1. Sachverhalt

Eine Immobiliengesellschaft mit Sitz und Hauptsteuerdomizil im Kanton Aargau und Nebensteuerdomizilen (Spezialsteuerdo-mizilen) in diversen Kantonen erzielte in der Steuerperiode 2013 einen Gesamtge-winn von rund CHF 9.5 Mio. Dabei hatte sie an ihrem Hauptsteuerdomizil Aargau, an ihrem Spezialsteuerdomizil Thurgau und in vier weiteren Kantonen einen Ge-winn von insgesamt rund CHF 11 Mio. er-zielt, in drei Kantonen (allesamt Spezial-steuerdomizile) hingegen einen Verlust von total CHF 1.5 Mio.

Bei der Veranlagung der Steuerperiode 2013 verlegte das Steueramt des Kantons Aargau die Verluste von CHF 1.5 Mio. quotal auf sämtliche Kantone mit positi-vem Ergebnis.

Die Steuerverwaltung des Kantons Thur-gau, hingegen, lehnte eine quotale Über-nahme der zugewiesenen Verluste ab und stellte sich auf den Standpunkt, der Kanton Aargau als Hauptsteuerdomizil habe die Verluste vollumfänglich zu übernehmen. Dieser Entscheid wurde denn auch von al-len kantonalen Thurgauer Instanzen bestä-tigt.

Das Bundesgericht hatte nun auf Be-schwerde der Immobiliengesellschaft hin zu prüfen, ob ein bei quotaler Verlustum-lage (d.h. Umlage nach Massgabe der posi-tiven Ergebnisse der Kantone) rechnerisch auf den Kanton Thurgau entfallender An-teil von diesem oder vom Hauptsteuerdo-mizil Aargau getragen werden müsse.

2. Entscheid Bundesgericht

Das Bundesgericht hält im Urteil vom 5.11.2019 (2C_285/2018) fest, dass die Praxen der Kantone zur Anwendung des Kreisschreibens Nr. 27 der Schweizeri-schen Steuerkonferenz vom 15. März 2007 auf Immobiliengesellschaften uneinheit-lich seien. Sowohl die Praxis der Thurgauer als auch diejenige der Aargauer Steuerbe-hörde verstosse für sich alleine betrachtet nicht gegen das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung. Würden jedoch wie im vorliegenden Fall verschiedene Berech-nungsweisen angewandt, entstünden Aus-scheidungsverluste und damit ein Verstoss gegen das Verbot der interkantonalen Dop-pelbesteuerung.

Die Praxis der Thurgauer Behörden (pri-märe Übernahme der Verluste durch das Hauptsteuerdomizil) bleibe näher am Grundsatz, wonach Liegenschaftsgewinn am Ort der gelegenen Sache zu versteuern ist. Ein Methodenmix (objektmässige Er-mittlung der Gewinne bei gleichzeitiger quotaler Verlegung der Verluste) sei soweit möglich zu verhindern. Bei der "Thurgauer Praxis" entstehe ein solcher Methodenmix nur dann, wenn der am Hauptsteuerdomizil ausgewiesene Gewinn tiefer sei als die ku-mulierten Verluste der einzelnen Kantone. Dieser Praxis sei demnach der Vorrang zu geben.

Das Bundesgericht zieht daraus also den Schluss, dass Verluste von Immobilienge-sellschaften in erster Linie mit den Gewin-nen am Hauptsteuerdomizil zu verrechnen seien; nur wenn der Gesamtverlust höher sei als der Gewinn am Hauptsteuerdomizil, sei der überschiessende Teil quotal auf die Gewinne der anderen Kantone umzulegen.

3. Fazit und Empfehlung

Das Bundesgericht kassiert die von einigen Kantonen angewandte Praxis, wonach bei Immobiliengesellschaften Verluste von Nebensteuerdomizilen quotal auf alle Steu-erdomizile verlegt werden ("Aargauer Pra-xis"), wenn dadurch eine interkantonale Doppelbesteuerung entsteht. Stattdessen hat in erster Linie das Hauptsteuerdomizil die Verluste zu übernehmen ("Thurgauer Praxis").

Für eine zuverlässige Berechnung der vo-raussichtlich anfallenden Steuern ist es für eine Immobiliengesellschaft zentral zu wissen, wie der steuerbare Gewinn auf die einzelnen Steuerdomizile verteilt wird. Da-her ist dieser Entscheid zur Verlustumlage bei den Berechnungen in Zukunft zu be-rücksichtigen.

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